
„Elterntaxis“ vor Schulen sind ein wachsendes Problem: Sie verursachen Chaos, gefährden die Sicherheit der Kinder und nehmen ihnen die Chance, selbstständig mobil zu sein. Das war das zentrale Thema einer Veranstaltung des bündnisgrünen Kreisverbands am Mittwochabend im „Transformator“ Frohnau. Eltern, Lehrer:innen und Verkehrsexpert:innen berichteten von ihren Erfahrungen und präsentierten Lösungsansätze für einen sicheren und klimafreundlichen Schulweg.
Elterntaxis: Chaos mit Folgen
Viele Eltern bringen ihre Kinder aus Sorge vor dem Straßenverkehr mit dem Auto zur Schule – doch genau das verschärft die Gefahr. „Vor unserer Grundschule herrscht jeden Morgen ein regelrechtes Verkehrschaos“, schildern anwesende Eltern einhellig, ob in Frohnau, Heiligensee oder Lübars. Überall die gleichen Szenen: Parkende Autos auf Gehwegen, unübersichtliche Situationen, ignorierte Zebrastreifen, zu hohe Geschwindigkeiten und gestresste Eltern, die ihre Kinder direkt vor dem Schultor absetzen, sind an der Tagesordnung, erläutert auch Jens Augner, verkehrspolitischer Sprecher der Reinickendorfer Grünen-Fraktion.
Selbstständigkeit statt Angst
Kinder, die zu Fuß, mit dem Roller oder dem Fahrrad zur Schule kommen, entwickeln ein besseres Gefühl für Entfernungen, Verkehrssituationen und ihr eigenes Können. „Wenn wir ihnen diese Erfahrung nehmen, erziehen wir eine Generation, die sich nicht orientieren kann, sich nicht mehr traut, allein unterwegs zu sein“, warnte Korinna Stephan, die bündnisgrüne Stadträtin für Stadtentwicklung und Verkehrsexpertin. Dabei seien viele Konzepte für Reinickendorf, z.B. für die Hermsdorfer Schulen, mittlerweile fertig und müssten nur umgesetzt werden. Doch die aktuelle Landesregierung hat den Bezirken die Mittel hierfür drastisch gekürzt. Bettina Jarrasch, die ehemalige grüne Verkehrssenatorin, ergänzt: Die Senatorin liefert nichts außer Appellen an die Kinder (!), „doch bitte ganz, ganz vorsichtig zu sein. Aber hier sind nicht Kinder in der Verantwortung – Es ist Aufgabe der Politik, eine sichere Infrastruktur zu schaffen. Das ist unser Ziel: Sichere Geh- und Radwege und einen zuverlässigen Busverkehr in allen Bezirken.“
Elternhaltestellen und Aktionswochen als Lösung?
Zwei Schulen in Frohnau und Heiligensee gehen neue Wege: Mit sogenannten „Elternhaltestellen“ in einiger Entfernung zur Schule wird der Versuch gestartet, den Bringverkehr zu bündeln und die Straße direkt vor der Schule frei von Autos zu halten. Zudem beteiligten sich mehrere Grundschulen an der bundesweiten Aktionswoche „Zu Fuß zur Schule“. Doch klang bei den Eltern Verzweiflung durch: Solche Aktionen müssen mit immensem Aufwand ehrenamtlich organisiert werden und haben oft nur einen temporären Effekt.
Forderungen an die Politik
Landesschülersprecher Orcun Ilter zeigt sich auf der Veranstaltung entsprechend frustriert: Wir haben uns dafür engagiert, ähnlich wie in Mitte einen Runden Tisch zur Schülermobilität auch in Reinickendorf einzuführen. Bis heute erfolglos.
Die Anwesenden waren sich einig: Es braucht konkrete Maßnahmen: bessere Gehwege, sichere Querungen, mehr Radwege und Fahrradstraßen und verkehrsberuhigte Zonen vor Schulen. Dabei braucht es gleichzeitig direkte Beteiligung der Kinder und Schulen. „Kinder brauchen Bewegung, frische Luft und die Möglichkeit zur Selbstständigkeit“, betonte Klara Schedlich, die den Abend moderierte. „Dafür müssen wir die Rahmenbedingungen verbessern – und Eltern ermutigen, ihren Kindern mehr zuzutrauen. Lasst uns gemeinsam dafür sorgen, dass unsere Kinder sicher, gesund und selbstbewusst zur Schule kommen – ohne Angst und mit einem Lächeln im Gesicht.“
Nadine Renk, Kreisgeschäftsführung Bündnis 90/Die Grünen Reinickendorf