Über 600 Ölgemälde, Aquarelle und Zeichnungen aus dem Nachlass des Berliner Malers Max Grunwald sind jetzt katalogisiert und digitalisiert worden. Max Grunwald, der in Fachkreisen stets als „Kirchenmaler“ eingeordnet wird, zeigt in seinen gefühlvollen Landschaftsbildern, seinen eher kraftvollen Stadt- und Architekturansichten, seinen genialen Menschenbildern und seinen religiösen Phantasiedarstellungen die überraschende Vielfalt seines Könnens. Diese Werke erhielt die Kirchengemeinde Alt-Wittenau zu Berlin im Jahr 2001 durch eine Schenkung der Tochter des Malers unter der Auflage, den Verkaufserlös in den Erhalt der denkmalgeschützten Dorfkirche einfließen zu lassen. Eine Aufgabe, mit der eine Kirchengemeinde fachlich und personell schlichtweg überfordert war. Erst durch neue ehrenamtlich tätige Kräfte konnte in den vergangenen Monaten der „Schatz gehoben“ werden und wird sukzessive nun online in www.galerie-waidmannslust.de der Öffentlichkeit vorgestellt. Max Grunwalds Wirken beginnt am Königlichen Schauspielhaus, wo er eine Ausbildung zum Dekorationsmaler erhält. Zu Grunwalds ersten öffentlichen Aufträgen gehört im Jahr 1913 die Gestaltung von Retabeln für den Altar der Königin-Luise-Kirche in Waidmannslust. In den 20er-Jahren des vorigen Jahrhunderts unternimmt er zahllose Reisen durch Deutschland, aber auch in das Elsaß, nach Paris und Straßburg, wo er sich der Malerei von Landschaften und Städten widmet. Kirchen und Klöster gehören zu Grunwalds bevorzugten Architektur-Motiven. 1934 begründet Max Grunwald eine Wittenauer Gruppe der „Bekennenden Kirche“, die sich in seinem Wohnzimmer zu den verbotenen Gottesdiensten treffen kann, muss aber auch in die Reichskammer der bildenden Künste eintreten. Er beteiligt sich 1934 an der „Frühjahrs-Ausstellung“ der Preußischen Akademie der Künste, Berlin, und 1939 an der Ausstellung „Kunst und Technik“ in Dresden. In Vorahnung ihrer Zerstörung durch Bomben hält er deutsche Städte noch in den Kriegsjahren 1940-42 in Bildern fest (u.a. Braunschweig, Hamburg, Lübeck, Hameln). 1944 wird Grunwald als 55-Jähriger noch zum Militärdienst eingezogen und kommt 1945 in britische Kriegsgefangenschaft in Holstein. Er darf sich hier als Maler betätigen und hält in einer 22-teiligen Bilderserie die holsteinische Landschaft und das bäuerliche Leben fest. Nach dem Krieg beeinflussen religiöse Themen mehr und mehr Grunwalds Schaffen. Seine letzte außergewöhnliche Arbeit ist 1955 die Ausmalung der Orgelempore der Kirche zu Hamburg-Allermöhe mit 10 Bildern zur Kindheitsgeschichte Jesu. Er stirbt am 19. Mai 1960 in seinem Wohnhaus in Berlin-Wittenau, gegenüber der Dorfkirche, die er so oft gemalt hat. Max Grunwald ist ein begabter Maler und ein genialer Zeichner, der es – anders als Max Liebermann – nicht versteht, sein Können ins rechte Licht zu setzen. Er hat nur wenige Gönner und es gelingt ihm nicht, seine Kunst professionell genug zu vermarkten, sodass er häufig in finanziellen Schwierigkeiten steckt. Diesem Umstand ist es zu verdanken, dass sein Lebenswerk weitestgehend zusammenbleibt. Es zeigt die Anfänge seines Schaffens im Stile der Impressionisten, seine große Befähigung im Porträt- und Aktmalen, seine Hingabe in Landschafts- und Stimmungsbilder, sein immer wieder erstaunliches Erfassen von städtischen Räumen und architektonischen Details. Seine phantasievollen biblischen Szenen versetzt Grunwald in ihm und uns bekannte Locations, wie etwa Jesus mit Dornenkrone in den Berliner Lustgarten. Nach der vollständigen Digitalisierung der Ölgemälde, Gouachen, Aquarelle und Zeichnungen können jetzt zunächst etwa 100 Arbeiten Grunwalds online in der www.galerie-waidmannslust.de besichtigt und erworben werden. Der Erlös ist für die Erhaltung der Dorfkirche Alt-Wittenau bestimmt.
Wolfgang Nieschalk, Galerie Waidmannslust