Staufs Kolumne Juni 2019

Pardon, liebe Leser, heute mal wieder Klartext. Natürlich war es ein Schock, als Notre-Dame brannte, aber für viele war es auch ein Schock, dass innerhalb von nur zwei Tagen eine Milliarde Euro, hauptsächlich von drei französischen Milliardärsfamilien, gespendet wurde. Da erhebt sich doch direkt die Frage, wie steht man zu seinem Land, wenn man für den Wiederaufbau dieses Kulturdenkmals – es wurde auch schon als Gegenstand mittelalterlicher Protzarchitektur bezeichnet – solche horrenden Summen bereitstellt. Apropos Kulturdenkmal … Napoleon Bonaparte hatte sich 1804 in dieser Kathedrale selbst zum Kaiser gekrönt und in den folgenden Jahren Europa und Teile Afrikas mit einem bis dahin beispiellosen Eroberungskrieg überzogen, bei dem Hunderttausende wenn nicht Millionen ihr Leben ließen, er aber letztlich, wie Hitler, an Russland scheiterte. Nur mal nebenbei bemerkt. Bei uns wurden Wirkungsstätten, die an das „Dritte Reich“ erinnerten,  wie beispielsweise die Reichskanzlei, nach dem Krieg dem Erdboden gleich gemacht … .  Davon mal abgesehen, hätte es den Spendern nicht besser zu Gesicht gestanden, wenn sie mit ihren Millionen Wiedergutmachung in den ehemaligen Kolonien des Landes geleistet bzw. das schon vorher längst getan hätten? Dann könnte man wirklich von einer „Grande Nation“ sprechen. So aber, excusez moi avec respect, kann ich nichts anderes als nur ein völlig übersteigertes Nationalbewusstsein erkennen, bei dem der Mensch, um den es eigentlich gehen müsste,  hinter Prestige, Protz und Dünkel kaum noch zu erkennen ist.

Herzlichst

IHR Ulrich Stauf

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