Wenn ein Hobby gefährlich werden kann
Es ist ein sonniger Nachmittag in diesem Sommer, als Helmut G. in der Luft über seinem Grundstück in der nähe des Nordfeldes ein sirrendes Geräusch hört. Schon oft kommt der gelbe ADAC-Rettungshubschrauber Christoph 31 und nutzt das Feld für eine Landung im Einsatz, doch dieses Geräusch ist anders. Es ist heller und es klingt ähnlich wie ein Bienenschwarm. Doch es sind keine Tierchen, sondern es ist eine Drohne – angetrieben von vier Elektromotoren. Die Drohne schwirrt von links nach rechts, fliegt eine Kurve, bleibt in der Luft stehen und verschwindet nach wenigen Minuten genauso schnell, wie sie gekommen ist.
Ein tolles Hobby? JA, aber…
Seit es diese elektrischen Fluggeräte schon für wenige hundert Euro zu kaufen gibt, hat der Trend offenbar auch Heiligensee erreicht. Dabei handelt es sich bei weitem nicht mehr nur um Spielzeug für flugbegeisterte Hobbyisten. Ganz im Gegenteil. Diese Geräte sind mit modernster Elektronik ausgestattet, können eigenständig vorprogrammierte Routen abfliegen und je nach Größe sogar Gewichte bis 5 Kilogramm oder mehr heben. Komplettangebote gibt es sogar mit installierter Kamera für Luftaufnahmen – und spätestens hier begibt sich der Hobby-Drohnenflieger auf juristisches Glatteis.
Der Gesetzgeber und die Deutsche Flugsicherung (diese kontrolliert mit ihren Radaranlagen den gesamten Luftraum über Deutschland) unterscheiden nämlich bei Drohnen zwischen Modellfluggerät und unbemanntem Luftfahrzeug. Wo liegt genau der Unterschied? Es kommt auf den Zweck an. Habe ich eine Drohne und fliege diese um des Fliegens willen (also wie ein ferngesteuertes Auto), dann darf ich das tun, so lange diese Drohne weniger als 5 Kg wiegt und ich die Drohne NICHT als Plattform für etwas anderes nutze. In diesem Fall ist der Drohnenpilot wie folgt beschränkt: Er darf NICHT im Umkreis von 1,5 Kilometern um Flughäfen, militärischen Einrichtungen und Kraftwerken fliegen, er muss seine Drohne immer im direkten Blickfeld ohne technische Hilfsmittel haben. Weiterhin darf er niemals höher als 30 Meter fliegen. 30 Meter ist leicht zu merken: es ist etwa die doppelte Höhe eines normalen, zweigeschossigen Einfamilienhauses hier in Heiligensee.
Fliege ich allerdings dieselbe Drohne wie eben beschrieben, habe jedoch eine Kamera unten angebracht und mache damit Fotos, so handelt es sich automatisch bereits um ein unbemanntes Luftfahrzeug und dieser Betrieb ist genehmigungspflichtig. Bereits das Anfertigen von Luftaufnahmen und die Verwendung auf der privaten Homepage ist ein gewerblicher Einsatz. Zwar darf man mit einer „Fotodrohne“ als unbemanntes Luftfahrzeug bis auf 50 Meter in den Himmel steigen (merke: etwa dreifache Höhe eines gewöhnlichen Heiligenseer Zweigeschoss-Hauses), jedoch benötigt man dafür eine separate Genehmigung und vor allem eine extra Haftpflichtversicherung (eine Privathaftpflicht gilt nicht!). Die Obere Luftfahrtbehörde von Berlin und Brandenburg verlangt für einen solchen Flug nicht weniger als 11 (!!) Dokumente, Formulare und Nachweise. Jede einzelne Genehmigung kostet ab 80 Euro. Das Fliegen über Menschenansammlungen und dichter Bebauung ist ohnehin in jedem Fall verboten und es gilt auch hier die 1,5 Kilometer-Regel rund um Flughäfen, etc.!
Nach wie vor sehen Hobbyflieger in einer Drohne nichts weiter als eine fliegende Kamera mit ungeahnten technischen Möglichkeiten. Sie vergessen dabei jedoch, dass sie mit diesem Gerät automatisch ein Teilnehmer am Flugverkehr sind und damit auch eine nicht unerhebliche Gefahr darstellen.
Ein Beispiel: Der ADAC-Rettungshubschrauber fliegt über Berlin zwischen 400 und 600 Metern hoch bei einer Geschwindigkeit von 230 Stundenkilometern und kommt bei einem medizinischen Notfall innerhalb von nur 1 Minute zur Landung. Wenn ein Drohnenpilot seinem Gerät die Landung befiehlt, dann dauert das aus mittlerer Höhe und Entfernung bis zu 2 Minuten. Der Drohnenpilot sieht zwar den heranrasenden Rettungshubschrauber, der Helikopterpilot sieht aufgrund der geringen Größe jedoch das Fluggerät nicht. Eine Kollision kann den Hubschrauber zum Absturz bringen, wenn die Drohne in den Hauptrotor, Heckrotor oder gar in eine der Doppel-Turbinen gerät. Es wäre ein Unglück von unermesslichem Ausmaß die Folge, bis hin zu der Tatsache, dass den Notfallpatienten die schnell angeforderte medizinische Hilfe nicht mehr erreicht.
Der Gesetzgeber arbeitet derzeit an einem weiteren und in Europa einheitlichen Regelwerk, das den „Drohnensport“ neu ordnen wird. Dabei wird es voraussichtlich eine Hobbyklasse geben, in die all jene Geräte einsortiert werden, die man mit seinem Handy im Wohnzimmer fliegen lassen kann. Die nächste Stufe wird all jene Drohnen umfassen, die als fliegende Plattform nutzbar sind, die Gewichte heben und selbstständig Routen abfliegen können. Für diese Geräte wird künftig auch ein Flugschein erforderlich sein. Wer also ernsthaft an der Fliegerei interessiert ist, dem rate ich dringend, sich auch luftverkehrsrechtlich mit seinem Fluggerät auseinanderzusetzen. Und nein, es ist nicht wieder die typische Gängelung durch unsere Bürokratie – diese Regeln sind vielmehr das Ergebnis von unvernünftigen Drohnenfliegern, die die grenzenlose Freiheit über den Wolken allzu wörtlich genommen haben.
Jens Rosenow
(Luftfahrtexperte und Fluglizenzinhaber, wohnt in Heiligensee)