Debatte Januar 2017

„Sollte die Amtszeit von Abgeordneten begrenzt werden?“
Eines der Demokratieprinzipien ist die Vergabe von Herrschaft auf Zeit: n Deutschland werden auf Bundes- und Landesebene die Ämter durch Wahlen alle vier bis fünf Jahre neu besetzt.

Dafür:

  • Der Monopolisierung von Macht wird durch das Fehlen der Amtszeitbegrenzung Vorschub geleistet. Wenn ein Kandidat ein gewisses Machtmonopol in der Partei erreicht hat, wird er, solange die Partei noch genug Stimmen erhält, immer wieder gewünschte Mandate besetzen können. Dieser Kandidat ist dann faktisch nicht mehr dem Ergebnis von Wahlen unterworfen.
  • Durch die Amtszeitbegrenzung kann der Trend zum Berufspolitikertum gestoppt und das Ideal des Bürgerabgeordneten wieder hergestellt werden. Der Slogan der amerikanischen NGO “U.S. term limits” lautet: „Citizen legislators, not career politicians.“ – Die Kluft zwischen dem Volk und den Politikern verringert sich
  • Der Wähler hat eine größere Auswahl, weil mehr Kandidaten zur Wahl antreten.
  • Lobbyisten fürchten nichts stärker als den kontinuierlichen Zustrom von neuen, „unverbrauchten“ und unvoreingenommenen Politikern.
  • Amtszeitbegrenzung führt zu einem stärkeren innerparteilichen Wettbewerb.
  • Eingefahrene und etablierte Strukturen sind korruptionsfördernd, es bilden sich Vetternwirtschaft, Seilschaften, verfilzte Strukturen

Dagegen:

  • Es ist notwendig, dem Mandatsträger genug Zeit zu geben, so dass er sich nicht nur an kurzlebigen Interessen orientieren muss und sein Mandat im Sinne des Gemeinwohls ausführen kann. – Ist eine Wiederwahl ausgeschlossen, so besteht auch keine Rechenschaftspflicht mehr.
  • Durch Amtszeitbegrenzungen droht ein erheblicher Erfahrungsverlust („They rob the Legislature of its institutional memory“). – Eine Amtszeitbegrenzung ist undifferenziert. Sie betrifft gleichermaßen schlechte, unbeliebte und korrupte wie gute, engagierte und beliebte Politiker.
  • Durch eine Amtszeitbegrenzung wird die Auswahl des Bürgers bei der Wahl verringert, weil bestimmte Politiker nicht mehr kandidieren dürfen (“the denial of democratic right to vote for the candidate of your choice“).
  • Der bisher sowieso schon unangemessen hohe Einfluss der Ministerialbürokratie würde noch höher werden. Schon bislang spielen vor allem verbeamtete Mitarbeiter der Bundesministerien, allen voran der verbeamtete Staatssekretär und die Referats- und Abteilungsleiter eine entscheidende Rolle bei der Gesetzgebung und erfreuen sich höchster Beliebtheit bei den Lobbyisten.
  • Ein erheblicher Teil der mit der Amtszeitbegrenzung erhofften Verbesserungen kann auch durch die Einführung wirksamer direkter Demokratie und durch ein verändertes Wahlrecht (z.B. veränderbare Parteilisten, Mehrmandatswahlkreise, Abwahlmöglichkeiten) erreicht werden.

(https://www.mehr-demokratie.de/fileadmin/pdf/Themen18_Amtszeitbegrenzung.pdf)

Permanentlink zu diesem Beitrag: https://die-dorfzeitung.de/debatte-januar-2017/