Verstärkte Wildschweinjagd als Mittel gegen Afrikanische Schweinepest nachweislich kontraproduktiv
Berlin / Stuttgart, 24. Mai 2018 – Hysterie und Ängste um die Rolle von Wildschweinen bei der Ausbreitung der Afrikanischen Schweinepest abbauen: PETA mahnt Politiker zur Sachlichkeit und warnt vor einer intensiven Wildschweinbejagung. Der Deutsche Bauernverband hat jüngst den Abschuss von 70 Prozent aller Wildschweine gefordert, um der Seuche vorzubeugen. Wildschweine sind jedoch kein primärer Infektionsüberträger und die Jagd auf sie ist hinsichtlich der Ausbreitung von Krankheiten und der Populationsentwicklung kontraproduktiv. PETA sieht alleine die Interessen der Fleischindustrie als Grund für die Forderung. Nun hat die Tierrechtsorganisation die für die Jagd in Berlin zuständige Senatorin Regine Günther mit dem Appell kontaktiert, von der Wildschweinjagd abzulassen.
„Mit der gezielten Panikmache um die Afrikanische Schweinepest will der Deutsche Bauernverband die Öffentlichkeit und Politiker dazu verleiten, einem Vernichtungsfeldzug gegen die Wildschweine zuzustimmen. Wir appellieren an die Senatorin, die wissenschaftlichen Fakten anzuerkennen und sich nicht der Hetze der Bauernverbände zu beugen“, so Peter Höffken, Fachreferent bei PETA. „Die großflächige Tötung von Wildschweinen ist vollkommen irrsinnig, denn die Schweinepest wird hauptsächlich durch kontaminierte Speise- und Schlachtabfälle, also durch Menschen, verbreitet.“
Die Übertragung in Tierhaltungsanlagen würde, wenn überhaupt, durch Menschen erfolgen. Nur an diesem Punkt ergeben Präventivmaßnahmen Sinn. Insbesondere durch Drückjagden, die nun verstärkt als „Seuchenprävention“ dienen sollen, werden Wildschweine aufgeschreckt und flüchten revierübergreifend. Dies trägt zu einer Verbreitung von Krankheiten bei. Wildschweine selbst sind standorttreu und tragen räumlich nicht nennenswert zur Verbreitung des Virus bei. So schreibt das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI): „Eine Bejagung könnte Unruhe in die dort ansässigen Rotten bringen und unter Umständen zu ausgeprägten Wanderbewegungen führen, die das Risiko einer Verschleppung des Erregers erhöhen“ [2].
Der derzeit teilweise schon praktizierte hohe Jagddruck ist kontraproduktiv, da er zum Wachstum der Population führt. Wildtierbestände regulieren sich selbst über Nahrungsverfügbarkeit, Klima und Krankheiten [3]. Wissenschaftler bewiesen, dass die Geschlechtsreife weiblicher Tiere in bejagten Wildschweinpopulationen früher eintritt und die Geburtenrate steigt. „Die Aufweichung der Tierschutzvorgaben, etwa die Aufhebung der Schonzeit, ist inakzeptabel. Wenn Muttertiere während der Schonzeit getötet werden, verhungern unzählige Frischlinge qualvoll“, so Peter Höffken.
Die Hetzkampagne des Bauernverbands gegen Wildschweine im Zuge der befürchteten Ausbreitung der Afrikanischen Schweinepest offenbart den Charakter dieser Branche. Bei einem Ausbruch hierzulande wäre der Markt für deutsches Schweinefleisch ruiniert. Der mögliche Export-Stopp für Deutschland als führenden Schweinefleischexporteur schreckt Bauern auf. Einen weiteren Hintergrund der Forderung des Bauernverbands sieht PETA darin, dass Landwirte die Tiere als Bedrohung für ihre Maismonokulturen wahrnehmen. Mit der erhofften Auslöschung der Wildschweine wären Gewinne aus tierquälerischer Tierhaltung und umweltschädlichen Monokulturen geschützt. Die Forderung ist ethisch verwerflich und gefährlich, denn Wildschweine übernehmen eine wichtige Rolle im Ökosystem, vor allem für die Bodenqualität.
PETAs Motto lautet: Tiere sind nicht dazu da, dass wir sie essen, sie anziehen, sie uns unterhalten, wir an ihnen experimentieren oder sie in irgendeiner anderen Form ausbeuten.
[1] Servanty et al. (2009): Pulsed resources and climate-induced variation in the reproductive traits of wild boar under high hunting pressure. Journal of Animal Ecology. Nr. 78, Issue 6.
[2] Friedrich-Loeffler-Institut, Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit (2014): Bekämpfung der Afrikanischen Schweinepest in Wildschweinen in Deutschland: Jagdruhe im Ausbruchsfall sinnvoll, tote Wildschweine ab sofort untersuchen. Greifswald-Insel Riems.
[3] Reichholf, J. H. (ohne Datum): Die Wahrheit über die Jagd – Evolutionsbiologe Prof. Josef Helmut Reichholf widerlegt Jägerlügen. TV-Beitrag SWR BW. Online abrufbar unter: https://www.youtube.com/watch?v=-Ls-m1kDwVY. (15.05.2014).
Weitere Informationen:
PETA.de/Jagd
PETA.de/Jagdirrtuemer