Kritik am Peitscheneinsatz bei Pferderennen in Hoppegarten: PETA fordert Veranstalter auf, Schläge für die Pferde zu untersagen
Renommierter Fachtierarzt befürwortet Verbot
Berlin / Hoppegarten / Stuttgart, 12. August 2016 – Tierquälerei gebilligt: Am kommenden Wochenende finden auf der Galopprennbahn in Hoppegarten wieder mehrere Pferderennen statt. Laut offizieller Rennordnung sind bei Galopprennen fünf Peitschenschläge zugelassen [1]. PETA übt scharfe Kritik an den Veranstaltern des Wettkampfes, weil der Peitscheneinsatz der Jockeys – anders als von den Verbänden dargestellt – oft mit erheblichen Schmerzen für die Pferde einhergeht. Dies belegen wissenschaftliche Untersuchungen [2]. Die Veranstalter in Hoppegarten berufen sich auf eine unzeitgemäße und ethisch nicht mehr zu vertretende Rennordnung des „Direktorium für Vollblutzucht und Rennen e.V.“ Die Tierrechtsorganisation fordert die Verantwortlichen auf, den Peitscheneinsatz zu untersagen, weil die Schläge einen klaren Verstoß gegen das Tierschutzgesetz darstellen. Demnach ist es verboten, einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen zuzufügen oder Leistungen abzuverlangen, die seine Kräfte übersteigen. Vor allem durch die schmerzhafte und angsterregende Überforderung der Pferde mit der Peitsche und die hohe Geschwindigkeit kommt es auf den Rennbahnen immer wieder zu schweren Stürzen, tödlichen Verletzungen sowie zu gravierenden Sehnenschäden bei den Tieren. Bundesweit sterben jedes Jahr dutzende Pferde noch am Veranstaltungsort, hunderte weitere Tiere werden verletzungsbedingt „aussortiert“ und in Schlachthöfen getötet. Weil Pferde bei Wettkämpfen regelmäßig zu Tausenden aus Geldgier und dem Streben nach Anerkennung missbraucht werden, fordert die Tierrechtsorganisation ein grundsätzliches Verbot von Pferderennen.
„Die Peitschenschläge führen dazu, dass die Pferde regelrecht aus Schmerz und Furcht um ihr Leben rennen. Keines der Tiere würde freiwillig diese unnatürlichen Höchstleistungen vollbringen“, so Peter Höffken, Fachreferent für Tiere in der Unterhaltungsbranche bei PETA. „Wir sehen es als rechtswidrig an, dass die Rennvereine derartige Tierquälereien erlauben, die laut Tierschutzgesetz verboten sind. Würde jemand einen Hund mit einer Peitsche schlagen, wäre der Aufschrei in der Öffentlichkeit groß. Bei Pferden wird diese Tierquälerei jedoch gebilligt.“
Auch der ehemalige Rennbahntierarzt und Fachtierarzt für Pferde Dr. Maximilian Pick unterstützt in einer Stellungnahme PETAs Forderung nach einem Verbot des Peitscheneinsatzes: „Der Gebrauch der Peitsche ist eine tierquälerische Maßnahme, mit der dem Pferd ohne vernünftigen Grund Schmerzen zugefügt werden. Gerade Pferde haben eine hochsensible Haut: Schon einzelne Insektenstiche können beim Pferd zu panischen Abwehrreaktionen führen. Bei dem in solchen Rennen zu beobachtenden Gebrauch der Peitsche kann also keinesfalls von einer ‚Berührungshilfe‘ gesprochen werden, wie es die Verbände behaupten. Neben dem körperlichen Schmerz erzeugt die Peitsche auch noch so etwas wie ‚Psychoterror‘. So leiden Rennpferde häufig unter einer Art ‚Rennbahnneurose‘, also unter Angst, Schreckhaftigkeit oder Panikattacken.“
PETA fordert ein Ende von Pferderennen in Deutschland und ruft alle Tierfreunde dazu auf, keine solchen Veranstaltungen zu besuchen. Allein im Zeitraum von 2011 bis 2013 mussten in Deutschland mehr als 750 Pferde ihr Leben lassen, die für den Galopp- und Trabrennsport benutzt wurden. Häufig werden bereits zwei- oder dreijährige Pferde an den Start geschickt, obwohl sich die Tiere noch im Wachstum befinden. Die Folgen sind häufig Sehnenschäden und Knochenbrüche, weil der Bewegungsapparat noch nicht richtig ausgebildet ist. Im Galopprennsport sind rund 80 Prozent der Trainingsausfälle auf Lahmheit zurückzuführen. Das Wohl der Pferde spielt hier meist keine Rolle. Zum Alltag von sogenannten Rennpferden gehört es, dass wiederholt mit der Peitsche auf sie eingeschlagen wird und sie – vor allem bei Trabrennen – durch den Einsatz von scharfen Gebissen und tierquälerischen Hilfsmitteln wie Ausbinder, Seitenstangen, Ketten, Zungenbändern, Ohrenstöpseln und Scheuklappen gefügig gemacht werden. Die Tiere leiden außerdem unter der überwiegenden Boxenhaltung ohne Weidegang oder ausreichenden Kontakt zu Artgenossen.
[1] Direktorium für Vollblutzucht und Rennen, Rennordnung vom 1. März 1960, In der Neufassung vom 1. Januar 1991 mit Änderungen bis Dezember 2015, Vorschriften für die Leistungsprüfungen der Vollblutzucht
[2] McGreevy PD, Corken RA, Salvin H, Black CM (2012) Whip Use by Jockeys in a Sample of Australian Thoroughbred Races—An Observational Study. PLoS ONE 7(3): e33398. doi:10.1371/journal.pone.0033398
Online abrufbar unter: http://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371/journal.pone.0033398
(letzter Zugriff 27.3. 2016)