1. Kapitel
Die Zeit vor 1200
Die Erforschung der Geschichte unseres Ortes führt uns in weit vergangene Jahrhunderte zurück. Pankow verdankt seinen Ursprung nicht den Hohenzollern der den Markgrafen aus dem Luxemburgischen oder Wittelsbacher oder Anhaltiner Hause. Es ist ein altes wendisches Dorf, wenn auch die charakterliche Bauart dieser Dörfer, die Hufeisenform, der runde Kreis mit nur einer Entfahrt und dem freien Platz in der Mitte, sich nicht mehr erkennen lässt. Die Stürme der Kriege und Verheerungen, welche über unseren Ort dahingegangen sind, haben die alte Form des Dorfes gebrochen. Neue Bewohner aus einem anderen Volk bauten nach anderer Art und nach ihrem Willen sich die Wohnstätten.
Deutschen Klang haben die Namen der Dörfer rings um Pankow, aber unser Ort und noch etwa 30 Dörfer im Kreise Niederbarnim tragen wendische Namen und erinnern uns daran, daß wir im alten Wendenlande wohnen, welches erst nach schweren Kämpfen dem Christentum erlag. Bis auf wenige Wörter im Sprachschatz unseres Volkes ist das wendische in unserer Gegend ausgewischt, aber der alte wendische Name Pankow ist unserm Orte geblieben; er ist ein sicheres Zeugnis, daß hier einst ein Wendendorf „Pankow“ war.
Was bedeutet der Ortsname. Die einen leiten ihn von kow oder kowo „Wald“ her und sehen in der Silbe Pan die wendische Bezeichnung für „Gottheit“, also „heiliger Wald“. Andere meinen, „kow“ oder „kowo“ heiße „Sitz“ und „Pan“ bedeute „Herr“, also „Herrensitz“, was darauf schließen ließe, daß hier einst ein wendischer Herr seinen Sitz hatte. Nicolai übersetzt in seiner Beschreibung „Berlin und Potsdam“ Pankow sogar mit „Haselnußschale“. So schön auch die Deutungen des Namens klingen, sie sind doch unrichtig. Der Name „Pankow“ ist offenbar abgeleitet vom Flußnamen Panke oder Pankowe, an welcher unser Ort liegt. Der Name Panke hat wiederum auf Gottheit oder Herr keine Beziehung. Man nannte diejenigen Flüsse Panke, welche nicht im gleichmäßigen Bett dahinfließen, sondern bald in Seen und Sümpfen verschwinden, bald klar und schnell dahinfließen. Auch im Slavischen heißt panikowa (panke) „Fluß mit Strudeln.“
Daß gerade hier schon früh eine Niederlassung sich befand, ist kaum zu verwundern. Da die Wenden nicht wie die alten Germanen auf getrennten Höfen, von ihren Aeckern umgeben, vereinzelt lebten, sondern zu Gemeinschaften vereint Dörfer bildeten, so war es natürlich, daß sie in ihrer Liebe zum Ackerbau und zur Fischerei auch an den damals breiten, durch Waldsümpfe seinen Weg sich bahnenden Pankefluß mit seinem in jenen Zeiten klaren, schnellfließenden Wasser und seinem Reichtum an Fischen sich niederließen. Meilenweit erstreckten sich um Pankow die Wälder, in denen sie sich kundig zurechtfanden. In diesen Wäldern konnten sie sich vor Feinden verbergen; eine Stunde abwärts der Panke im schnellen Lauf und sie waren im Spreetal; weiter die Spree entlang ging es zum Haveltal. So konnten sie, kundig aller Wege, stets gedeckt vor Verfolgern, ihre mächtigen Hauptstädte Brennaborg und Havelberg, ihre Opferstätten und Sammelorte in Kriegszeiten, erreichen. Den aufsteigenden Rauch ihrer Feuerstätten verdeckte nordwärts der hohe Wald mit seinen rauchenden Eichenkronen und den dunklen kiefernwipfeln, und südwärts lehnten sich ihre Aecker an den breiten Höhenrücken, welcher das Panketal vom Spreetal trennte, auf dessen lehmigen, fruchtbaren Boden sie ihre Halmfrüchte bauten. Von diesem Höhenzug – heute etwa die Gegend der Kaiser.Friedrichstraße bis hin zum alten Berliner Windmühlenberg – konnte das Auge das Spreetal überschauen, welches etwa 100 Meter tief lag. Die alten Eichen unseres Schloßparks, deren deren einige ein Alter bis tausend Jahren haben, und die wenigen alten Kiefern sind wohl noch ein Rest des wunderbaren einstigen Waldes und erzählen in ihrem Rauschen vom alten Wendenleben, das sie einst geschaut und geschützt haben. Bis in die Neuzeit hinein hat sich in den Grundbüchern der Name „das große Eichholz“ erhalten. Hier lebten die ersten Bewohner unseres Ortes günstig und sicher und dienten dem Belbog (weiß=Licht, Sonne), dem Gott des Lichtes und des Guten, und dem Zernebog (schwarz), dem Gott des Dunklen und des Bösen.
Wann hier der erste Ansiedler seine Heimstatt erbaute, meldet uns kein Geschichtsblatt. Man hat Reste einer heidnischen Opferstätte hier nicht gefunden, worin freilich kein Beweis liegt, daß eine Opferstätte überhaupt nicht im Orte war. Die christliche Mission hat die Opferstätten fast immer zertrümmert und an derselben Stelle die Kirche erbaut, an deren Eingang die Opfersteine, soweit sie nicht zum Bau verwand waren, vergraben wurden.
Wie kame es, daß das alte Wendendorf ausstarb und unterging?
Die Wenden waren kriegerisch und liebten es, in das Sachsenland räuberische Einfälle zu machen.
Heinrich I. Schlug 927, über die Elbe und nahm 928 mit Hunger und Schwert die feste Wendenstadt Brennaborg (Brandenburg) ein. Durch den Fall dieser Stadt wurde das Wendenland zwischen Elbe, Havel und Spree wehrlos und fiel in die deutsche Hand. Heinrich schuf hier die Nordmark, welche der Anfang des preußischen Stattes geworden ist. Nachdem die Wenden 983 noch einmal den Teil der Nordmark östlich der Elbe vorübergehend wiedererobert hatten, unterlagen sie zuletzt den Anhaltinern, welche von Kaiser Lothar mit derNordmark belehnt, mit dauerndem Erfolg den Kampf gegen die Wenden aufnahmen. Bei Salzwedel steht noch heute ein alter runder Turm, der Rest einer festen Burg; hier hatte Albrecht der Bär seine Residenz und von hier aus unterwarf ernoch einmal 1134 die alte Nordmark. 1136 erkämpfte er die Priegnit, das Land nördlich der Havel. Das südliche Havelland ererbte Albrecht vom Wendenfürsten Pribislaw, welcher Christ geworden war, mußte jedoch für das ererbte Land jedoch erst mit dem Schwert erobern. Albrecht nahm 1156 Brennaborg, verjagte den Wendenfürsten Jazzo, verlegte seine Residenz nach Brennaborg, nahm den Titel „Markgraf von Brandenburg“ an und nannte das Land zwischen Elbe, Havel und Spree nun „Neumark“.
In diesen Kriegen und besonders in dem umfassenden letzten Aufstand unter Jazzo fanden die Wenden ihren Untergang. Das Wendenland war völlig verwüstet. Die Dörfer lagen verödet und verbrannt. Wir können auch von unserem Ort Pankow annehmen, daß in diesem Aufstand die Bewohner geflohen und die Wohnstätten zum Schutthaufen geworden waren.
Das läßt andererseits aber auch die damals traurige Lage der Bauern schließen, denn diese Höfe waren sicherlich verfallen und von ihren Besitzern einst in der Notlage aufgegeben worden. Auch der Lehnschulzenhof wechselte seinen Besitzer. Wir erfahren, daß 1453 die Familie Duseke ihren vielleicht schon Jahrhunderte hindurch besessenen Hof an die Familie des Berliner Bürgermeisters Blankenfelde veräußerte. Die Veranlassung des Verkaufs kennen wir nicht. Es ist möglich, daß beim Todesfall des Besitzers ein männlicher Erbe nicht lebte, und daher das Gut, welches ein Mannlehen war, in eine andere Familieübergeben mußte. Da die Familie Duseke aber, wie wir oben sahen, auch in anderen Dörfern und Belehnungen besaß, so kann es sich auch im Interesse dieser Besitzungen um einen freiwilligen Verkauf gehandelt haben. Zwei Urkunden betreffen diesen Besitzwechsel. Nach der einen bestätigt der Kurfürst 24. Dez. 1453 den den Bürger Wilke und Hans Blankenfelde zu Berlin erteilten ehnsbrief über das halbe Dorf Pankow, in der anderen Urkunde heißt es:
„Der Kurfürst belehnt Wilke und Hans Gebrüder Blankenfelde mit dem Dorf Seefeld …… sowie mit dem halben Dorf Pankow, dem dazu gehörigen halben obersten und niederen Gericht, freier Schäferei, dem halben Kirchlehen, obersten und niederen Gericht über ihre Leute, Zinsen, Gebüschen, Weiden etc., wie diese Güter Ebel Duseke und früher Frotzenbart besessen hat. Datum Cölln am Freitag nach dem heiligen Pfingsttage 1455.“
Durch diesen Besitzwechsel wurde der Lehnschulzenhof ein herrschafliches Gut. Der Hof und das Kirchenpatronat ist nicht wieder in den Besitz einer bäuerlichen Familie übergegangen. Magistrat, Männer der Wissenschaft, des hohen Beamtentums,ja selbst die Kurfürsten und Preußens Könige haben ihn nach einander, bis er parzelliert wurde, besessen. Der Hof wird später „bonum“ Gut genannt.
Dadurch war aber auch das Patronat der Kirche, wie der Lehsbrief ausdrücklich besagt, auf die Familie Blankenfelde übergegangen, aber nur die Hälfte des Patronats. Wer mag den anderen Teil des Patronatsrechts damals besessen haben?
Nach dem Landbuch Carls IV. 1376 war Wartenberg mit der zweiten Hälfte desselben belehnt worden. Von diesem Lehnsitz ist nun nirgend mehr die Rede. Wenn auch später ein Bauer Wartenberg wieder genannt wird, sohaftet doch an dessen Hof kein besonderes Recht, sodaß wir annehmen müssen, daß die spätere Bauernfamilie Wartenberg mit jenem Besitzer gleichen Namens vom Jahre 1376 keinen Zusammenhang hat. Achten wir jedoch darauf,daß im Landbuch ausdrücklich von den 12 ½ Hufen des Wartenberg gesagt wird, daß deren Besitz dem Magistrat von Berlin zustand „qui habent proprietatem“ und daß Wartenberg sie gleichsam nur auf Zeitpacht hatte, so liegt der Schluß nahe, daß Wartenberg oder seine Familie den Besitz der Hufen wieder an den Rat von Berlin zurückgegeben hatte. Daß würde auch erklären, daß 1540 der Rat von Berlin einzelnen Kossätenhöfen zugelegt und diese zu Bauernhöfen dadurch gemacht. So läßt es sich auch erklären,daß in der Folgezeit sich in Pankow 14bis 16 Bauernhöfe befinden, während das Landbuch Carls IV., wiewirsahen, Bauernhöfe im Ort noch nicht kennt. Nach den angeführten Lehnsbrief war mit dem Gut auch die freie Schäferei, welche getrennt vom Gutshof lag, verbunden.
Zei Urkunden dieses Jahrhunderts geben uns über die pfarramtlichen Verhältnisse unseres Ortes in der alten Zeit Aufschluß. Pankow war ein Pfarrort (mater Mutterkirche); zu ihm gehörte schon damals die Kirchengemeinde Nieder-Schönhausen als Tochtergemeinde (filia). Aber auch der Wedding war in Pankow eingepfarrt. Darauf bezieht sich eine Urkunde, welche lautet:
„Dit is die ewige Rente up deme Rathuse tu Berlin: Perrer tu Pankow 1 chorum roggen“.
Statt dieses Scheffels Roggen bezog der Pfarrer später nach dem Visitationsprotokoll von 1540 für die seelsorgerliche Versorgung des Wedding betraut worden ist, läßt sich nicht bestimmen, vielleicht schon 1289, denn in diesem Jahre am 14. August hatte der Markgraf Otto den Hof Wedding den Bürgern zu Berlin „ zu einem rechten und ewigen Leben mit allen Rechten und mit aller Macht, welche er selbst daran besessen“ geschenkt. Der Weg zum Wedding war weit und sandig und die Besoldung mit einen Scheffel oder 24 Groschen jährlich gewiß merkwürdig gering. Der Pfarrer zu Pankow mit dem Filial Nieder-Schönhausen und dem Wedding unterstand in alter Zeit bis zur Reformation der Propstei Bernow (Bernau), welche ein Teil des Bistums Brandenburg war. Auf einen besonderen Festtag im kirchlichen Leben läßt uns die Jahreszahl der ältesten Glocke unserer Kirche 1475 schließen; Blankenfelde, der neue Patron der Kirche, mag die Glocke der Gemeinde zum Geschenk gemacht haben.
Ehe wir in das Jahrhundert der Reformation hineingehen, möge eine für jene Zeit bedeutsame Frage beantwortet werden. Hatte das Kloster zu Spandau auch in Pankow Besitz? Die Vermutungliegt wohl nahe, weil dieses Kloster, einst nach einer Urkunde 1239 von den Markgrafen „Johannsen und Otten“ gegründet und reich ausgestattet, in vielen Dörfern der Mark große Besitzungen hatte; zum Beispiel in Schöneberg seit 1264 fünf Hufen, in Seegefeld seit 1265 vier Hufen, die Kirche zu Rohkow seit 1270, in Staaken seit 1273 acht Hufen, in Mahlow seit 1287 zwei Hufen, in Beyersdorf seit 1317 neun Hufen, in Wilmersdorf seit 1317 zehn Hufen, in Berlin und Kölln seit 1318 den Fischzoll, in Küstrin Hebung von Hähringen und in Potsdam Hebung von Garn. Das Kloster besaß die Jungfernhaide, welche nach dem Kloster den Namen führt und fast bis Pankow heranreichte; es besaß zweiundzwanzig Hufen in Nieder-Schönhausen und seit 1251 als Geschenk des Markgrafen Johann und Otto eine dem Friedrich von Kare abgekaufte Mühle auf der Panke beim Dorfe Wedding, welche nicht mit der Pankemühle bei unserem Dorf zu verwechseln ist. Aber nirgens findet sich ein Hinweis auf einen Besitz in Pankow. Wirkönnen die Frage demnach verneinen. Die Erklärung liegt darin, daß unser Ort dem Rat von Berlin und Kölln gehörte. Die Städter sahen ungern, daß die Rechte der Klöster immer größer und größer wurden, und die Bauern und Kossäten waren zu arm, um Schenkungen machen zu können.
Ueberschauen wir unseren Ort am Ende des dieses Jahrhunderts. Er hatte einige schön gepflegte Besitzungen, nämlich das Gut im Besitze der Familie Blankenfelde, einige Höfe, auf denen die vornehme Berliner Familie Krusemark saß, und das Erkerhaus mit dem Vogelherd und der Hofhaltung des Markgrafen. Besitzer des Ortes war der Rat von Berlin und Kölln, Patron der Kirche die Blankenfelde und die Räte von Berlin. Neben den Gut lag der Pfarrhof und den bleibenden Dorfteil bewohnten einige arme Hüfner und eine Anzahl noch ärmerer Kossäten. Reichtum und Armut, Glanz und Elend, Herrschaft und völlige Machtlosigkeit wohnten dicht nebeneinander. Die Bauern und Kossäten fristeten, jedes Rechtes ledig, ihr mühseliges Leben vom Ertrag der geringen Höfe, hartgedrückt durch hohe Abgaben, Tagelöhner der reichen Berlinder im Ort. Mancher Hof lag wüst, die Häuser waren mehr oder weniger verfallen.
2. Kapitel
Um das Jahr 1200 begann eine neue Kolonisation unserer Gegend. Von Sachsen her kamen Ansiedler, welche aber unkundig der Bodenart der damals sumpfigen Mark hier nicht sesshaft geworden sind. Niederländische und holländische Kolonisten, von Albrecht dem Bär „aus den Wasserlanden“ gerufen, folgten ihnen. Mönche vom Templer- und Johanniterorden, welche Albrecht von seiner jerusalemreise her in das Land geführt hatte, halfen. Seine Söhne, Johann I. und Otto III., welche 1220 dem Vater in gemeinsamer Regierung gefolgt waren, setzten das Werk fort, bauten in den Dörfern Kirchen und dotieren dieselben mit Land, gewöhnlich 4 Hufen. Diese Markgrafen bedienten sich der Cistercienser-Mönche.
Ist damals schon unsere Kirche erbaut? Die Jahreszahl berichtet uns keine Chronik, aber da Johann I. und Otto III. die Kirche zu Pankow 1230 mit 4 Hufen Land zur Besoldung des Pfarrers versehen haben, da ferner die Apsis unserer Kirche die viereckige Form hat, welche den von jenen Mönchen erbauten Kirchen eigen ist, so können wir wohl annehmen, dass die Kirche um 1230 entstanden ist.
Doch bleiben wir einen Moment bei der Wiedererstehung unseres Ortes stehen. Albrecht der Bär nahm von dem durch Zerstörung der Dörfer und Flucht oder Tod der Bewohner frei gewordenem Land Besitz und bildete überall Rittergüter zur Belohnung treu ergebener Vasallen oder freie Schulzengüter, denen Bauernstellen und Kossätenstellen angeschlossen wurden. Der Markgraf war in Brandenburg von Reichswegen „die höchste und einzige Obrigkeit, oberster Richter, oberster Kriegsherr, Eigentümer von Grund und Boden“. Wo noch Reste eines alten Dorfes waren, blieben die alten, wendischen Ortsnamen. Dies war bei unserem und manchem anderen Ort der Fall (z.B. Schönfliess, Schowe (Rohr) flet (Bach). Dies war eine kluge Rücksichtnahme auf die im Lande verbliebenen Wenden, welche nicht mit Gewalt vertrieben worden sind, sondern, sobald sie sich der neuen Regierung fügten, geschont wurden und in ihrem Besitz verblieben. Der erste Einwohner Pankows, Duczek, welcher uns in einer Urkunde 1355 begegnet, ist ein Wende, dessen Vorfahren vielleicht auf ihrem Hof hier im Ort schon zur Zeit der Wendenkriege. gelebt haben. Neu entstandene Dörfer erhielten ihren Namen oft nach den belehnten Familien Hermannsdorf (später Hermsdorf), Richardsdorf (später Rixdorf): Der Markgraf war Grundherr (dominus fundi) und Lehensherr (dominus foedi) und belehne mit den Gütern und Hofstellen; er bezog das Lehnsgeld, den Ackerzins (Grundsteuer) und den Zehnten von den Früchten und dem Vieh, auch von Gänsen, Hühnern und Eiern.
3. Kapitel
Die ganze Feldmark, welche genau vermessen war, wurde einem „Locator“ (oft ein Unternehmer, wenn es ein neues Dorf war, oft ein Besitzer, welcher einen Hof schon besaß oder ein zu belehnender Vasall) übergeben, welcher an Kolonisten die einzelnen Hofstellen und Ackerteile verkaufte oder verpachtete, den Kaufpreis einzog und die Ablieferung der Abgaben überwachte.Der Locator durfte niemals die ganze Feldmark selbst unter den Pflug nehmen, sondern erhielt für sich eine Anzahl abgabefreier Hufen und eine Wiese. Die Verteilung des Ackers erfogte nach „Hufen“ (lateinisch mansi). Grimm leitet dieses Wort von „Haben“ ab, eine Habe , ein Anteil, von dessen Ertrag der Bauer leben konnte. Daher war die Größe der Hufe auch unbestimmt und schwankte je nach der Güte des Ackers in den verschiedenen Gegenden zwischen 30 bis 150 Morgen, in Pankow etwa 33 Morgen. Der Vorstand des Dorfes war der Schulze oder Schultheiß, welcher mit dem Rittergut oder dem Schulzenhof belehnt wurde. Er hatte eine bedeutende Macht, übte das Richteramt im Dorfgericht und erhob alle Abgaben. Im Gegensatz zu den Bauern und Kossäten saß er zinsfrei auf seinen Hufen, mußte jedoch vom etwa zuerworbenen Land die gewöhnlichen Abgaben entrichten. Zu seinen Einkünften gehörte ein Drittel der Strafeinnahmen vom Dorgericht, sowie der Nießbrauch einer Wiese, wofür er wiederum verpflichtet war, einen Dorfbullen zu halten. Er war in Besitz des Krugrechtes; verpachtete er den Krug, so bezog er vom Pächter den Fleischzehnt und 2 alte Pfennige für jede Tonne Bier. Der einflußreichen Stellung als Dorfrichter und zinsfreier Besitzer entsprachen aber auch besondere Pflichten gegen den Landesherrn. Bei der Belehnung mit seinem Hof bezahlte er und jeder Nachfolger ein bestimmtes Lehnsgeld. Im Kriegsfall mußte er ein Lehnspferd stellen und eine Geldgebühr, in alter Zeit 28 Groschen 8 Pfennige, entrichten. Auf beiden Seiten der Dorfstraße waren die Höfe der Bauern und Kossäten erbaut und an den Enden der Straße wohl auch manches Büdnerhäuschen. Die Bauern (mansuarii = Hufenbesitzer) hatten ihren anfangs durch den Locator vom Landesherrn erkauften Hof und Acker selten in erblichem, gewöhnlich in nicht erblichen Besitz, welchen sie verkaufen konnten, jedoch nicht ohne Genehmigung des Lehnsherrn. Ging der Hof durch Erbschaft oder Verkauf in andere Hände über, so mußte der neue Besitzer die Belehnung mit dem Hof bei der Kanzlei des Landesherrn nachsuchen; erst durch die Belehnung, welche mit einer Abgabe verbunden war, war der Übergang des Besitzes abgeschlossen. Die Bauern entrichteten jährlich den Markgrafenden Zehnten vom Getreide und Vieh und den Ackerzins. Gebrauchte der Landesherr Mittel zum Kriege, so bezahlten sie die Bede (Bitte, petito), eine Abgabe, welche 1280 in eine bestimmte geringe Jahressteuer verwandelt wurde. Die Bauern waren ferner zum Spanndienst (servitium curruum) verpflichtet, welchen sie dem Markgrafen mit Wagen und vier Pferden im Kriegsfall leisteten, dem Besitzer des Lehnsschulzengutes aber in jeder Woche an mehreren bestimmten Tagen. Im Gegensatz zu den Bauern hatten die Kossäten keinen Anteil am Dorfacker. Ihr Hof mit dem mehrere Morgen großen Garten war nicht erblich und konnten ihnen bei schlechter Wirtschaft sofort genommen werden. Sie entrichteten wie die Bauern an den Landesherrn das Kaufgeld, den Grundzins in Geld, vom Garten und Vieh den Zehnten, auch von Gänsen und Hühnern, und waren an mehreren Tagen zum Handdienst dem Lehnsschulzen verpflichtet. Die Kossäten waren bei ihrer geringen Einnahme vom Hof auf den Tagelohn beiden Bauern und dem Schulzen angewiesen. Die Büdner hatten nur ihr Häuschen, in welchem oft mehrere Familien wohnten, ohne Garten. Das Haus gehörte dem Brotherrn. An Abgaben entrichteten sie jährlich das Schutzgeld.
Die Bauern und Kossäten hütteten gemeinsam ihre Kühe, Schafe und Schweine in dem Eichwald, aber auch im nahen Kiefernwald durfte die Dorfschaft Rindvieh und Schafe hüten, dafür waren sie wiederum verpflichtet im Walde Handdienst zu leisten und Holzfuhren zu fahren. Die Hütungauf der Feldmark gehörte zur Schäferei, also dem Gutsherrn. Über die Hütungsgerechtigkeit und den Walddienst werden wir bei den späteren Jahrhunderten genaueres hören. Der Lehnsherr gab ihnen zu Neubauten und Reparaturen das Bauholz aus dem Walde, den Bedarf an Brennholz deckte das sogenannte Kabelholz, ein Dorfwald an der Westseite des Dorfes dessen Größe später mit 160 Morgen angegeben wird.
Der Kirche waren bei der Verteilung 6 Morgen und der Pfarrer 4 Hufen zugefallen, deren Nießbrauch frei von allen Abgaben der Pfarrer hatte. Dies entsprach den Abschluß des Zehntenstreites zwischen den Markgrafen Otto und dem Bischof von Brandenburg 1238. Nach diesem Vertragstand dem Pfarrer von jeder Hufe der Feldmark ein Scheffel Roggen und 1 Pfennig für Wachs zu. Die letztere Bestimmung ist unklar und scheint eine Entschädigung für die vom Pfarrer geleistete Beleuchtung der Kirche bei Frühmessen gewesen zu sein; statt des Pfennigs nennt das Visitationsprotokoll von 1540 „ein Schock Bundstroh“.
Wir können vermuten, daß der Locator und erste Lehnschulze der Familie Duczek entstammte, welche freilich erst in einer Urkunde vom Jahre 1355 als Besitzer des Schulzenhofes genannt wird und inzwischen zu bedeutendem Wohlstand gelangt war.
Im Jahre 1289 erfolgte durch den Markgrafen eine genaue Nachprüfung der Hufenverteilung wie in allen Orten so auch in Pankow. Diese Nachvermessungen hatten oft eine besondere Bewandnis. Sie wurden manchmal angeordnet, um für die leeren Kassen neue Einnahmen zu schaffen.; denn jedes sich ergebende Mehr am Bestand des Dorfackers mußte die geschädigte Nachbarfeldmark ankaufen, und jedes Fehlende mußte neu gekauft werden, sodaß manches Dorf sich vorher durch eine freiwillige Summe von der Vermessung loskaufte.
Mehr wissen wir über die erste Kolonisation unseres Ortes nicht. Weder die Zahl der Bauernhöfe und Kossätenhöfe noch die Namen der Besitzer oder Pfarrer sind uns berichtet. Aber fest steht, daß hier niemals ein Rittergut, sondern nur ein Lehnschulzengut bestanden hat, dessen Lage wir noch heute bestimmen können, was wir später sehen werden.
Unter der kraftvollen und weisen Regierung der Markgrafen aus dem Hause der Ascanier bis 1324 folgte ein Jahrhundert des Aufblühens auch für unseren Ort, welcher die hauptsächlichsten Bedingungen zum Wohlstand, Wald, Wasser, Wiesen und fruchtbare Acker, in sich vereinigte. Aber dann ging es wieder bergab und 1370 erfolgte eine zweite Parzellierung der völlig verödeten Feldmark unseres Ortes. Wir fragen nach den Gründen des Verfalles.
Wie ein Gottesgericht war im Jahre 1348 ein Furchtbarer Gast durch die Lande gezogen und hatte bei jedem Palast und jeder Hütte Einlaß gefordert. Es war die Pest, der schwarze Tod. Furchtbar wütete die Pest im Niederbarnimer Kreis. 15 Dörfer starben aus und sind verschwunden, es waren Ahrendsee, Berkau, Bernöwe, Alt- und Ner-Gröben, Brederwisch, Eggersdorf, Grabsdorf, Glienicke, Hellwichsdorf, Schepforde, Liebenthal, Löhme, Triebusdorf, Woltersdorf bei Biesenthal. Fast die ganze Bevölkerung auch unseres Dorfes sank in das Grab, einzelne Bewohner waren geflohen. Die Feldarbeit blieb ungetan, Die Aecker verödeten, und die Bauern verpfändeten in der Not ihren Besitz, was sie in den wirtschaftlichen Untergang führte. Ein Jahr hatte zerstört, was in Jahrzehnten mühsam errungen war.
Mit der Pest und ihren Folgen vereinigte sich manche andere Not. Nach dem Erlöschen des askanischen Hauses brach unter den Markgrafen aus dem bayrisch-wittelsbacher Hause 1324 – 73 eine schwere Zeit der Verwirrungen, Kriege und Einfälle an. Eine Zerrüttung schlimmster Art riß überall ein, welcher Kaiser Carl IV. Nur vorübergehend steuern konnte. Außerdem erging über die Mark ein fürchterlicher Einfall der Polen und der noch heidnischen Lithauer. In der allgemeinen Verwirrung erhoben sich die Städte zu einer gewalttätigen Unabhängigkeit und die Ritterschaft raubte und plünderte ungehindert in der Mark. Es ist undenkbar, daß unser Ort wie die meisten Dörfer in diesen Wirren und Nöten nicht schwer gelitten hat, daß Bauern und Kossäten nicht manche Plünderung erfuhren. „Von Tag zu Tag,“ sagt eine alte Zeitgeschichte,“wachsen und mehren sich die Raubzüge und Fehden, die Dörfer liegen niedergebrannt, die Felder verwüstet, nackt und hilflos verlassen die Menschen ihre Wohnungen, auf heimlichen Wegen müssen die Geistlichen ihrem Beruf nachgehen.“
1370
Was lag dem Markgrafen Otto dem Faulen (1351 bis 1373), welcher die Einnahmen dringend bedurfte, an Dörfern, die ihm den Zehnt und den Zins nicht mehr zahlen konnte. Er verkaufte seine Rechte und Einnahmen aus Pankow 1370 für das Zehnfache der Jahressolleinnahme, für 100 Mark Silbe, nach unserem Geld etwa für 2000 Mark an den Rat von Berlin und Kölln. Die Verpfändungen ganzer Dörfer und Städte oder einzelner Hebungen, das sind Abgabeneinkünfte, durch den Landesherrn waren in jener Zeit nicht selten; sie waren einerseits in den durch Kriege oder andere Veranlassungen bedrängten Verhältnissen des Markgrafen begründet, andererseits darin, daß Darlehen nicht gegen Zinsen sondern gegen Verpfändung bestimmter Einnahmen auf Wiederkauf gegeben wurden; das Pfandobjekt und dessen voller Ertrag ging bis zur Wiedergabe des Dahrlehns als Eigentum auf den Darlehnsgeber über. So gelangte der Rat dieser beiden Städte in den Besitz aller Einnahmen von Pankow an Zehnten, Ackerzins, Pächten und Gerichtsgeld. Die Bede wurde weiter an den Markgrafen entrichtet, ebenso blieb die Verpflichtung zum servitium curruum d.h. Spanndienst für den Krieg. Von besonderer Wichtigkeit ist die Frage, ob durch diesen Verkauf die Lehnsherrlichkeit des Markgrafen und das Patronat der Kirche beeinflusst wurde. Die Urkunde des Verkaufs ist nicht erhalten, aber da späteren Belehnungen in Pankow vom Markgrafen erfolgten, so ist erwiesen, daß der Markgraf Lehnsherr „dominus foedi“ blieb. Eine Änderung trat 1525, wie wir später sehen werden, ein. Bei jeden Übergang eines Besitzes durch Vererbung oder Verkauf mußte bei der markgräflichen Kanzlei der Belehnung nachgesucht und dem Markgrafen die Lehnsabgabe hierbei nach wie vor entrichtet werden. War auch das Patronat der Kirche in den Verkauf mit einbegriffen? Das ist die zweite wichtige Frage. Die Frage nach den Patronat wird überhaupt im weiteren Verlauf dieser geschichtlichen Aufzeichnungen in jedem Jahrhundert zu erörtern sein.
Zweifellos war bis 1370 der Markgraf Patron der Kirche zu Pankow. Die Markgrafen nahmen überhaupt in der Mark der katholischen Kirche gegenüber eine besondere Stellung ein. Schon Markgraf Otto hatte 1238 im Zehntenstreit besondere Rechte errungen, und im Lauf des 14.Jahrhunderts erreichten die Markgrafen, daß die Bischöfe von Brandenburg und Havelberg ihnen als Vasallen unterstanden. Wie zu diesen Rechte weitere kamen, werden wir bei derEinführung der Reformation sehen. Im Visitationsprotokoll von 1540 wird neben dem Rat, von Spandau der Rat von Berlin als Patron der Kirche genannt und im Landbuch CarlsIV. 1376 werden als Patrone die Gebrüder Duseke und der reiche Berliner Bürger Wartenberg, welchem der Rat von Berlin die Besitzung in Pankow verkauft hatte, als Patrone bezeichnet. Daher muß mit dem Verkauf 1370 auch das Patronat der Kirche zu Pankow vom Markgrafen auf die Räte von Berlin und Kölln übergegangen sein, welche es nach sehr kurzer Zeit denbedeutendsten Besitzerin Panko, den genannten Duseke und Wrtenberg, überließen.
Pankow blieb jedoch ein widerkäufliches Lehen, sodaß es den späteren Kurfürsten jeder Zeit freistand, ihre Rechte und Einkünfte wieder zu erwerben, was auch später geschah.
Die Räte von Berlin und Kölln ließen die verödete Feldmark unseres Ortes nicht ungenutztliegen, sondern suchten für die wüsten, verlassenen Höfe neue Besitzer. Sie vollzogen eine neue Aufteilung der Aecker. Viele Höfe mochten 1370 herrenlos gewesen sein, aber nicht alle Höfe waren wüst. Ein Besitzer wird uns 1355 genannt, Christian Duseke (Kerstian Duczek), den ich schon oben erwähnt habe. Er muß ein wohlhabener Mann gewesen sein, denn er borgte dem Landesherrn Geld und kaufte 1355 vom MarkgrafenLudwig dem Römer Hebungen in den Dörfern Wostermargk und Rewanth. Da wir die Nacholger im Besitz seines Hofes bis in unsere Zeit hinein verfolgen können, und es auf den folgenden Blättern geschehen wird, so können wir noch heute den Hof genau bestimmen. Eswar das alte Lehnschulzengut in Pankow. In jenem Lehnbrief wird dieser Besitzer genannt „Christian Duseke zcu der Pangkow“. Die Pfandurkunde lautet:
• „Wir Ludwig der Römer bekennen daz wir gelegen haben und lihen mit diesem briue den bescheiden luthen Kristianen Duseken zcu Pangkow und Klawissen Rennebboym Borger zcu Nauwen unsere lieben getruwen mit samender hant und ihren rechten erben zcu eine rechten erblene zwe phunt beede Brandenborg phenninghe ierlicher pflege die da legen in deme Dorpphe zcu Wostrmargke zeen schillinge uf den einen krughe znd zeen schillinge uf deme andern krughe, und een phunt derselben phennige uf Heinen Brunniges Hofe in demselben Dorpphe. Und zwei phunt beede Brandenborg phennighe ierlicher gulde in deme Dorpphe zcu Rewanth zcu hebende und uf zcu nemende und zcu besitzende ewichlich ane alles hinter. Davor haben sie gegeben unserm lieben Friedrich von Lochen sechszeen mark Brandenborg silbers, die her uns an unsern schulden sal abeslan an den schulden die wir im schuldik sin.“
Dem Landbuch Carls IV. Verdanken wir die genaue Kenntnis derVerteilung unseres Ortes vom Jahre 1370. Dieses Landbuch ist eineder interessantesten und wertvollsten Geschichtsquellen. Die Veranlassung des Buches war die Verwirrung der Besitz- und Finanzverhältnisse in der Mark unter der unglücklichen regierung der Wittelsbacher Markgrafen. Die Besitzrechte mußten wieder geordnet und festgelegt werden. Die im Jahre 1370 vom Rat zu Berlin und Kölln erfolgte Verteilung wurde in Pankow 1376 – wie im Landbuch bei dem Orte Schöneiche angegeben wird -vom Landreiter, dem markgräflichen Beamten, für das Landbuch aufgenommen. Das Landbuch berichtet nun über Pankow folgendes:
• Panko sunt XLII mansi, quorum plebanus habet 4. Kerstin Duseke habet X ad curiam suam. VI liberos et IV censuales item II rustiales. Hans Duseken habet VII1/2 mansos ad curiam suam. Wardenberg civis in Berlin, quihabent propretatem, quos colit per se. Ad pactum soluit, quilibet mansus VI modicos siliginis. IIII ordei et VI auene, ad censum quilibet II solidos, ad precariam VI solidos et VIII denarios, II1/2 quartale siliginis, II1/2 ordei et V quartalia auene.Cossati sunt XXII, quilibet soluit unum solidum et unum pullum, quorum cossatorum Wardenberg habet XIII ad mansos suos, Duseken residuos. Tabernator dat Visolidos unum modium siliginis, I modium ordei et VI modios auene. Kerstian et Hans Duseken habent dimidietatem iudicii supremi et infimi et iuris patronatus, alteram dimidietatem habet Wardenberg supradictus. Servicium curruum habet marchio. Servicium vasallionatus est ibi.
Übersetzt:
• Panko, da sind 42 Hufen, von denen der Weltgeistliche 4 hat. Kerstian Duseke hat 10 zu seinem Hof, 6 frei und 4 pflichtig ebenso 2 Oedland. Hans Duseken hat 71/2 zu seinem Hof. Wardenberg, Bürger in Berlin hat 121/2 Hufen von den Ratsherren in Berlin, welche das Eigentumhaben, zu eigener Beackerung. An Pacht steuert jede Hufe 6 Scheffel Weizen, 4 Scheffel Gerste und 6 Scheffel Hafer, an Ackerzins jede Hufe 2 Schilling, an Bede 6 Schilling und 8 Denare 21/2 Viert Weizen 21/2 Gerste und 5 Viert Hafer. Kossäten sind 22, jeder steuert einen Schilling und ein Huhn. Wardenberg hat 13 dieser Kossäten zu seinen Hufen, Duseken die übrigen. Der Krugwirt gibt 6 Schillinge, 1 Scheffel Weizen, 1 Scheffel Gerste und 6 Scheffel Hafer. Kerstian und Hans Duseken haben die Hälfte des Ober- und Unter-Gerichts und des Patronatsrechts, die andere Hälfte hat Wardenberg. Den Wagendienst hat der Markgraf. Dort ist der Vasallendienst.
Daß die Abgaben, welche von den Hufen an den Pfarrer (plebanus Weltgeistlicher im Gegensatz zu Klostergeistlicher) zu leisten waren, nicht erwähnt werden, läßt sich daraus erklären, daß das Landbuch nur die Regulierung der weltlichen Rechte im Auge hat, und daß anderseits dieAbgaben an den Geistlichen durch den Zehntenstreit 1238 festgelegt waren.
Merkwürdig ist, daß während der 42 Hufen genannt sind, in der Verteilung nur 36 aufgezählt werden. Dr Ramdohr schließt hieraus auf ein zinsfreies Rittergut. Ein Rittergut hat aber Pankow nie gehabt, die zinsfreien 6 Hufen sind auch bei dem Lehnschulzengut des Duseke genannt. Die 6 Hufen waren offenbar für 6 Bauerstellen reserviert. Bauern werden überhaupt nicht genannt, was sich leicht erklären läßt. In den wenigen Jahren seit der neuen Verteilung waren die vorhandenen Bauernhöfe noch nichtbesetzt worden; die Bauerhöfe waren verfallen, erforderten zum Ankauf gößere Barmittel und waren deshalb in jener drückenden Zeit schwerer zu verkaufen als die ackerlosen Kossätenhöfe, deren Kaufgeld oft recht niedrig war; noch 1680 wird im Kaufkontrakt des General Grumbkow der von einigen kossäten restierende Kaufpreis ihres Hofes mit 44 Talern angegeben. Wir müssen staunen, wie hoch die Abgaben der Kossäten sind, welche dazu pflichtige Hofarbeiter des Duseke und Wartenberg sind; bedeutend sind ebenfalls die Zehntenabgaben und der Grundzins von einzelnen Höfen.
Der Ortspfarrer wird ausdrücklich erwähnt, aber nicht der Küster, wohl weil dieser keinen Anteil am Acker hatte.
4. Kapitel
Als Patron der Kirche, welcher das ius patronatus und damit das Recht der Berufung hatte, ist das Brüderpaar Duseke und Wartenberg im Landbuch genannt, nachdem doch erst 1370 das Partronatsrecht auf den Magistrat von Berlin und Kölln übergegangen war und der Magistrat von Berlin noch 1540 als Collator (Patron) bezeichnet wird. Wir müssen anehmen, daß dem Rat dieses Recht in Anbetracht des kleinen Dorfes wertlos erschien, daß aber den Besitzern Duseke und Wartenberg wie auch ihren Nachfolgern im Besitz viel daran lag, in dem Ort, wo sie große Besitzungen hatten und auf die Dienstleistungen der Dorfleute angewiesen waren, die Berufung eines ihnen genehmen Priesters selbst zu vollziehen. So mochte es gekommen sein, daß das ius patronatus von den Besitzern des Lehnschulzengutes ausgeübt wurde und allmählich rechtmäßiger Besitzer wurde. Leider waren die Lehnsbriefe für die Gebrüder Duseke und für Wartenberg nicht mehr zu finden. Alle späteren Besitzer des Schulzengutes werden mit den „Kirchlehen“ ausdrücklich belehnt. Unter dem Kirchlehen ist stets das Patronat der Kirche, verbunden mit dem Recht, den Pfarrer zu berufen, gemeint.
So haben wir aus dem Jahre 1376 eine Uebersicht über unser Dorf. Jeder Hof war ein Lehen des Markgrafen. Die Abgaben, welche bisher dem Lehnsherrn entrichtet wurden, flossen dem Magistrat von Berlin und Kölln zu mit Ausnahme der Bede und des Belehnungsgeldes für den Lehnherrn, den Markgrafen, und der Abgaben an den Pfarrer. Patron war Kerstian und Hans Duseke sowie Wartenberg. Lehnschulze war Kerstian Duseke. Kerstian Duseke besaß den Lehnschulzenhof mit 6 freien und 4 abgabepflichtigen Hufen, Hans Duseke 71/2 Hufen. Der reichste Besitzer war Tyle Wartenberg, welcher 1372 „13 Hufen wüsten Landes für 45 Mark Silber, nach unserem Gelde etwa 900 Mark, vom Magistrat zu Berlin erworben hatte. Neben dem Lehnschulzengut westlich wohnte der Pfarrer,mit dessen Hof 4 Hufen verbunden waren. Auf beiden Seiten der Dorfstraße waren die Höfe der 22 Kossäten, von denen 13 dem Wartenberg und 9 dem Duseke zum Hofdienst verpflichtet waren. Dazu kamen noch einige unbesetzte Bauernstellen. Das Dorf umgab sicherlich zum Schutz eine Steinmauer. Es lehnte sich nördlich an das große Eichholz und westlich an die Haide, in welche das Vieh getrieben wurde. In der Mitte des Dorfes stand das kleine aus Granitsteinen erbaute Kirchlein, in dessen Schatten auf dem kleinen Friedhof die Toten ruhten.
Das Landbuch gibt uns auch über die Preise der Lebensmittel der damaligen Zeit Nachricht. Ein Scheffel Gerste kostete 10 Denare (Pfenning, 1 Denar hatte den heutigen Wert von 8 Pfennigen; also0,80 Mark). Ein Scheffel Hafer 5 Denare gleich 0,40 Mark. Ein Scheffel Weizen 16 Denare gleich 1,28 Mark; ein Scheffel Erbsen 20 Denare gleich 1,60 Mark. Ein Huhn 2 Denare gleich 0,16 Mark. Diese anscheinend sehr niedrigen Preise sind jedoch nicht zu gering zu schätzen, da das bare Geld damals höheren Wert hatte. Die Preise waren allerdings niedrig, weil der Absatz der Ware durch die schlechten Wege und jeden Mangel an Verkehrsmitteln sehr erschwert war. Die Städte hatten außerdem ihre eigenen Ackerbürger und bedurften wenig der Zufuhr vom Lande, so daß die Landleute ihre Produkte schwer veräußern konnten.
Bis zur Reformation
Es war für unseren Ort wertvoll, daß er 1370 in den Besitz der Städte Berlin und Kölln gekommen war. Dadurch genoß Pankow den Schutz dieser Städte. War die Mark unter der Regierung der bayrisch-wittelsbacher Markgrafen 1324-1373 tief gesunken, so verfiel sie unter den Lützelburger Markgrafen 1373-1411 noch mehr und wurde ein völlig wüstes Land. Schutzlos war sie den Einfällen der Nachbarn, Mecklenburg, Pommern, Sachsen und Magdeburg preisgegeben. Im Inneren befehdeten sich die im Selbstschutz stark gewordenen Städte, und die Ritter unternahmen ungestraft ihre Raubzüge, denen die Dörfer zum Opfer fielen. Die Schilderungen der Not und Verwüstung aus jener Zeit sind erschütternd. Da war keine Macht, welche die räubernden und plündernden Fehdegesellschaften hinderte, die wehrlosen Dörfer ihres Viehs und ihrer Habe zu berauben, Wohnungen und Ställe in Brand zu stecken. Die Bewohner wurden oft erschlagen. Die ausgeplünderten Dörfer mußten sich obendrein zur späteren Lieferung von Getreide, Bier, auch Bannergeld verpflichten, wenn sie ihre Behausungen vor den Flammen retten wollten. Die Gewöhnungan rohe Gewalttaten hatten die Menschen so tief entsittlicht, daß selbst Kirche und Kirchhof nicht gescheut wurden. Selbst die Kirchen wurden ausgeraubt, Kirchengeräte und Priestergewänder mitgenommen und die Scheunen, welche oft als Schutz auf den Kirchhof erbaut waren, geplündert. Mönche und Wallfahrer wurden selbst ihrer Kleidung beraubt. In dieser herrenlosen Zeit stand Pankow unter dem Schutz von Berlin und Kölln und mochte manchmal behütet worden sein, aber auch manche Plünderung wird es erlebt haben. Die Geschichte berichtet, daß Dietrich von Quitzow, welcher in einem Prozeß gegen die Stadt Berlin unterlegen war,am 13. September 1410, ohne die Fehde angesagt zu haben, von Bötzow, dem späteren Oranienburg, aus vor der Stadt Berlin mit seinen Spießgesellen erschien, Kühe und Schweine der Bürger von der Weide raubte und nach Schloß Bötzow brachte. Es ist wohl möglich, daß dieser Ueberfall auch Pankow traf, wo reiche Berliner ihren Sommersitz hatten und die Straße nach Bötzow vorüberführte.
Bessere Zeiten sollten anbrechen. 1412 kamen die Hohenzollern in die Mark. Friedrich VI. Von Nürnberg zog Anfang Juli 1412 in Berlin-Kölln ein; man öffnete ihm die Tore nur mit Widerwillen. Am 6. Juli bestätigte er die Rechte dieser Städte, also auch ihr Besitzrecht an Pankow. In harten Kämpfen brach er die Burgen der Raubritter. Im Bündnis mit dem Erzbischof Günther von Magdeburg (8. Dezember 1413) zerstörte er die Burgen von Friesack, Golzow, Plaue und Beuthen. Aus seinem Testament geht hervor, daß er, von der Not gezwungen, selbst Kirchenglocken (z.B. aus der Marien-Kirche zu Berlin) zu Büchsen umgießen ließ. Die wirren Zustände in der Mark, von welcher man in der Welt sagte, „aus ihr komme niemand unberaubt hinaus, wenn er auch ganz Deutschland ungefährdet durchreist sei,“ schwanden unter Friedrichs kraftvoller Regierung allmählich, und die weit und breit in der Mark gefürchtete Macht des Burgadels nahm ein Ende. Das Land atmete wieder auf, und Niclaus Uppschlacht sang nach dem Fall der Ritterburgen über Friedrich:
Ach richter Gott, dy surste gut
Alle didt sy hy von dy behut
Durch dyn vil hilge, dure blut:
Hy streit nach guden sreden.
Darto syne edle sruwe zart,
Lat sy von dy nicht sin geschart!
So sint sy beide wol bewahrt,
In dynen ewige rike.
Noch einmal ritt Friedrich zum Kaiserhof und kam nach vierzehn Monaten im Oktober 1415 als Kurfürst und vollberechtigter Erbherr der Mark wieder, dieses Mal feierlich mit offenen Armen empfangen. Am 2. Oktober huldigte ihm Berlin. Er war ein frommer Mann und nannte sich gern „Gottes Amtmann am Fürstentum“.
Unter denen, welche ihm bei seinem ersten Einzug gehuldigt hatten, war auch der Lehnschulze von Pankow. Am 23. August 1412 kniete er huldigend vor seinem neuen Landesherrn und wurde von neuem mit seinem Hof-Schulzenamt und Patronatbelehnt. In der Urkunde heißt es:
„Ebel Ducek recepit in dem dorff czu Pankow czwelff stuck guldes und einen freyen hoff mit Aht huben und das halbe dienste, das halb kirchlehen, das halbe Oberste usw.“
Es folgten Jahre des Friedens und des Aufblühens für die Mark und unseren Ort. Nur einmal noch in diesem Jahrhundert kam Ueberfall und Verwüstung über Pankow, als 1432 die Hussiten verwüstend und raubend durch die Mark zogen und bei Bernau vernichtet wurden. Aber diese Not war doch nur von kurzer Dauer.
Gern weilten die Hohenzollern in Pankow, was dafür spricht, daß Pankow in seiner Umgebung damals sehr anziehend gewesen sein muß. Johann Cicero 1486-99 besaß am Rande des Eichwaldes unmittelbar an der Panke einen Vogelherd. Die letzten Reste desselben sind erst 1908 bei dem Bau des Krankenhauses verschwunden, an dessen Westgrenze er lag. Es war eine künstlich geschaffene, durch einen Wassergrabenvon der Panke her umgebene Insel. Von Interesse ist, was hierüber in der Microcronicum Marchicum des Rektors zu Berlin Peter Hasst (Petrus Hasstitius 1594 berichtet wird:
Anno Christi 1486 den 11 Martii ist zu Frankfurt am Main Markgraf Albrecht, der deutsche Achiles, Churfürst zu Brandenburg seines alters 72 Jahr gestorben und ist an seiner statt Churfürst worden sein Sohn Markgraf Johannes welcher von Churfürsten diesesStammes in der Mark zum ersten Hoff gehalten hat und weiler große Lust zum Weidewerkgehabt, hater beim Dorffe Panckow,eine halbe Meile von Berlin gelegen, seine Vogelhert gehabt, auch ein schönes Haus in Holzwerck mit zwei Erckern und einem breiten Wassergraben daselbst machen lassen, welche man die Pankowischen groschlein genannt hat und für wenig Jahren noch sind ganggebe gewesen, sind aber wegen ihres guten Schrodts und Korns von Granulierern aus dem Mittel gethan, daß man selten eins zu fichte bekumt. Das haus ist hernach verschenkt, abgebrochen und steht heutigestags noch zu Berlin hinter Nickel Köckeritzes haus an der Sprewe (al: Dr.Bartels hawß in der heil geiststraßen) und der Wall darauf das Haus gestandenmit dem Wssergrabenist noch zu Panckow zu sehen.“
Eine diesem Vogelherd ähnliche Nachahmung. Eine Insel mit Graben, befand sich anfangs des 19.Jahrhunderts auf dem Brunzlowschen Grundstück, dem alten Garten des Lehnschulzenhofes, an der Breiten und Berliner Straße; diese Nachahmung wurde fälschlich für den historischen Vogelheerd gehalten. Der Vogelheerd lag nicht im Dorf, sondern bei dem Dorf. Die Anlage eines Vogelheerdes auf dem Schulzenhof war auch sehr unwahrscheinlich, dagegen an der fließenden Panke und am Waldesrand friedlich und still gelegen. In einer Vernehmung 1725 /Amt Mühlenhof, Dom.47, Nr.3) wird die Lage des Finkenheerdes ebenso angegeben: „das kleine Inselchen liegt im Feld.“ Auch die Separationskarte von 1822 zeichnet sie an dieser Stelle. In diesem Erkerhaus hat Johann Cicero viel und gern geweilt, auch manche Regierungsgeschäfte erledigt. Er unterzeichnete in Pankow 1495 eine Urkunde für die Gräfin Anna von Ruppin, 27/395 eine Urkunde an Georg von Stein, 7/4 96 eine Urkunde, Verleihung eines Burglehns zu Tangermünde 4/10 97; an demselben Tage eine Schuldverschreibung, 15/9 96 einen Auftrag an seine Räte und andere Akte 1497 und 1498.
Daß Johann Cicero hier eine Münzstätte gehabt haben soll, ist trotz der Angabe des Peter Hasst unwahrscheinlich. Das flache Land war für eine Münzstätte zu unsicher. Eine Chronik des Pfarrers Ideler aus dem Jahre 1712, welche im Original freilich nicht mehr existiert, aber im Auszug in den Aufzeichnungen des geheimrates Beckmann enthalten ist, hegt ebenfalls Zweifel. Diese Chronik sagt: „man will sonst auch von Pankowgroschen sagen, ist aber ungewiß, wie weit der Sage zutrauen. Soviel ist jedoch gewiß, daß ein stahlerner Stempel mit Brandenburgwappen in der Erde allda gefunden. Der Stempel enthält keinen Ortsnamen. Es gibt allerdings Brandenburger Münzen aus dem Jahre 1496. Wir wissen aber, daß die Prägung gewöhnlich einem privaten Münzmeister und zwar in der Stadt Angermünde übertragen wurde. Die Münzen jener Zeit tragen alle nur das Wappen aber keinen Ortsnamen. Es ist möglich, daß man damals von Pankowgroschen sprach aus einer uns nicht bekannten Veranlassung. Da wir nur auf die Nachricht von Peter Hasst angewiesen sind, die Geschichte sonst aber von Pankowgroschen nichts berichtet, die Angaben des Peter Hasst im übrigen auch nicht immer glaubhaft sind, so ist eine Entscheidung mit Sicherheit nicht zu treffen.
Wie sich in unserer Zeit der Zug der reicheren Berliner Familien nach den westlichen Vororten wendet, so war in früherer Zeit die Liebe der Berliner auf Pankow und Nieder-Schönhausen gerichtet. In unseren Orte schufen sich die Patrizierfamilien Berlins herrliche Sommersitze. Wir sahen, daß Tyle Wartenberg 1372 hier bedeutenden Besitz erworben hatte, und daß selbst die Markgrafen hier Erholung und Ruhe suchten. Meyneke Crusemark, ein Bürger Berlins, wurde am 26.Juli 1438 mit zwei Bauernhöfe, den dazugehörigen Hufen, zwei weiteren Hufen und einem Kossätenhof belehnt.
„Fredrich der Junge bekennen, daß wir unserem lieben getruwen Meynicke Crusemarcke zcu panckow zcwu hufen czween hufener hove und einen Kossetenhoff und daselbstin der mule sechs scheffel roggen mit allen frihiten in allermassen dieselben gute Cune Crusemargk, sein Vater seliger, vormals von der marggraweschaft innegehabt und auf ihn geerbt hat, gelihen haben. Wenn es auch sieh, das der genannt meyne Crusemarck ane menlich liebeslehnserben abginge oder sin Sone desglichen, so haben wir katherinen, margarethen und Annen, geschwestern, des genannten meinigke Crusemarken tochtern, die besundere gnade getan, das sie sullich gute alle irelebtage zum lipgedinge Inne haben.“
5. Kapitel
Das Jahrhundert der Reformation
Die Zeit der Reformation brach an, welche die Gemüter überall tief erregte. Ein Frühlingsrauschen ging um die Welt, welche religiös und sittlich erstorben war. Die Visitatoren, von denen wir später hören werden, waren erschrocken über den Mangel an religiösem Wissen, nicht bloß des ganzen Volkes sondern auch der Geistlichen. „Der gemeine Haufe wisse weder von Gott noch von seinem Wort noch von den Sakramenten“ klagen sie. Dem Klerus fehlte es nicht allein an dem notwendigen Bildungsgrad sondern auch an Selbstgefühl und Selbstbeherrschung.Wenn auch gegen die Sittenverderbnis der Priester die märkischen Bischöfe von Brandenburg und Havelberg mit Edikten vorgingen, so konnte das Uebel doch nicht mehr beseitigt werden. Völlerei und Sittenlosigkeit, Mißbrauch der Amtsgewalt und Vernachlässigung der Pflichten zogen der Geistlichkeit die Mißachtung des Volkes zu. Dazu kam, daß das Los der Dorfgeistlichen nicht glänzend war. Auf ihnen lagen drückend große Abgaben an den Bischof. Sie entrichteten das Cathedraticum, gewöhnlich der zehnte Teil ihres Einkommens, das Synodaticum, zur Beschreitung der durch Abhalterung der Synoden entstehenden Kosten, die Procurationsgelder zur Verpflegung des
inspizierenden Bischofs, ferner ganz willkürlich bemessene gelegentliche Geldforderungen für den Papst, welche der Bischof unter den Namen Liebesgabe „subsidium curitativum“ einsammelte und nach Rom ssndte. So zahlte der Klerus des Bistums Brandenburg im Jahre 1370 an den Papst 780 Goldgulden. Den Geistlichen bliebkein anderes Mittel, als diese Abgaben wiererum ihren Beichtkindern abzufordern. Was Herren und Priester dem Volke nicht nahmen, das trug es zu den Wunderstätten, denen man oftden letzten Pfennig opferte. Und wie zahlreich waren diese Wunderstätten in der Mark, zu Stepnitz, Zehdenick, Belitz, Techow, Nauen, Wilsnack.
Der letzte katholische Pfarrer in Pankow hieß Krüger. Offenbar hat er bei der Einführung der Reformation 1539 unseren Ort verlassen, denn es ist schwerlich anzunehmen, daß sein Tod mit jenem Tag zusammen fiel. Die meisten Priester verließen damals ihre Pfründe, denn sie waren den hohen Anforderungen, welche die Regierung an die Geistlichen der evangelischen Kirche stellte, nicht gewachsen. Der Pfarrer sollte der geistige Führer seiner Gemeinde in weltlichen und religiösen Dingen sein, darum forderte man von ihm ein akademisches Studium und die Ablegung einer Prüfung. A n die Stelle des lateinischen Meßkanons trat die Predigt in deutscher Sprache und die religiöse Belehrung desVolkes. Johann Moller war nach dem Visitationsprotokoll von 1540 der erste evangelische Pfarrer von Pankow und Nieder-Schönhausen. Zum erstenmal nahmdie Gemeinde das Abendmahl in beiderlei Gestalt und sammelte sich um Gottes Wort.
Nachdem die Gemeinden den Uebertritt zur Lehre der Reformation vollzogen hatten, war es die dringende Aufgabe der Regierung, das märkische Kirchenwesen zu gestalten, die Formen des Gottesdienstes zu bestimmen und das Kirchenvermögen festzustellen. Letzteres war besonders nötig, denn es war zu befürchten, daß in der Zeit des Ueberganges die Besitzungen und Rechte der Kirchen, Pfarren und Küstereien verloren gehen konnten. Verpflichtete weigerten sich auch tatsächlich, ihren Pflichten nachzukommen. Geistliche flüchteten zahlreich,wie aus den von Johann Weinlöben 1540 verfaßten „Artikeln belangende der Kirchen und geistlichen Güter“ hervorgeht, unter Mitnahme der Kelche, Monstranzen, des baren Geldes und der Schuldbriefe; Patrone zogen eigenmächtig Kirchengüter ein. Die Landstände nahmen 1540 die „märkische Kirchenordnung“ an, und in demselben Jahre begann der erste Generalsuperintendent derMark Jakob Stratner, der Rechtsgelehrte Johann Weinlöben und ein Kommissar des Bischofs zu Brandenburg die Kirchenvisitation, welche 2 Jahre dauerte. Das Visitationsprotokoll Barnimscher Dörfer in der Umgebung Berlins enthält auch die Aufzeichnung der Visitation zu Pankow.
Pankow, ist itzo Pfarrer Er. Johann Moller, Collatores (Patrone) die rehte zu Berlin und Spando, hat 1 Kelch, 1 monstranzen, 1 pacem, hat LXXX Comunikanten, tregt das Opfer des Jar bei XL gr (Groschen), hat ein Pfarrhaus , datzu gehorn IIII hufen. Wan die außgethan, tragen sie II W (Wispel) halb rocken halb hafern, hat III Wiesen, hat kabelholtz, XXIII gr vom Wedding, gibt der Rath zu Berlin hat XXXVIII hufen vor diesem Dorffe, hat die Pfarr von jeder Hufen ein Scheffel, 1 Schock puntstroh vor des Wachs. Kuster hat ein Kusterhaus XXXII scheffel jerlich scheffelkorn eitel roggen, II brot aufh jedem hause, II Eier von einer hufen, II gr gotshaus, II gr 1 malzeit der pharrer.
Gotshaus hat sechs morgen lands, VI schock hauptsumma haz peter kaldaw, burger aus Berlin, aus diesem gotshaus bekommen, soljerlich 24 gr Zins geben, ist ins ratsbuch vorschrieben (eingetragen), II Schock hauptsumma Andreas schreck zu Berlin, ists 4 Jahr schuldigk gewesen, gibt kein Zins, ist nicht vorschrieben, II Schock thewes Dene zu Pankow, gibt nicht Zins; hat noch bish in VI schock bargeld in der kirchen liegen. Diese Pfarr hat ein filial zu Schönhausen.
6. Kapitel
Das Visitationsprotokoll ist ein wertvolles Seitenstück zum Landbuch Carls IV. Dort die Aufzeichnung des weltlichen Besitzes und hier die Ergänzung, die Mitteilungen über die kirchlichen Güter. Das Protokoll ist in großen Zügen verfaßt, knapp und kurz, wie es durch die Kürze der Zeit und den enormen Umfang der zu bewältigenden Arbeit wohl geboten war. Ueber die Stolgebühren und manche kleine Einnahmen ist man hinweggegangen; um diese war das Kirchenregiment wohl auch nicht besorgt, da dieselben jederzeit festgestellt werden konnten und ein Verlust der Kirche nicht zu befürchten war. Aufzeichnungen hierüber begegnen wir in späterer Zeit. Die aufgeführten Abgaben an den Pfarrer und Küster sindnicht neu bestimmt, sondern entsprechen der früheren zeit. Zum erstenmal wird hier imProtokoll der Küster und das Küstergehöft erwähnt. Sicherlich hat nicht die Reformation erstbeides geschaffen, dazu waren die Bauerngemeinden damals viel zu arm; dieses Amt und Haus hatte seine Begründung gewiß gleichzeitigmit der Grndung des Pfarramts im Ort. Merkwürdig ist der verhätnismäßig große Barbesitz der Kirche, welcher 16 Schock Groschen beträgt. Dieses Vermögen ist wohl durch die Pachterträge der 6 Morgen Kirchenacker, welche eine Dotation aus der Entstehungszeit der kirche waren, und aus Opfern und Liebesgabenentstanden. Der Pfarrer Moller bezog nach diesem Protokoll aus Pankow das Abendmahlsopfer mit etwa 40 Groschen, den Ertrag von 4 Hufen Pfarrland, von 38 Hufen Gemeindeland – also auch von 4 freien Gutshufen – zusammen 38 Scheffel Getreide und 38 Schock Bundstroh und vom Magistrat zu Berlin 24 Groschen für die Seelsorge auf dem Wedding. Der Küster hat Anrecht auf 32 Scheffel Getreide entsprechend den Gemeindehufen, mit Ausnahme der 6 freien Gutshufen, auch 2 Brote aus jedem Haus und 2 Eier von jeder Hufe; außerdem 2 Groschen jährlich aus der Kirchenkasse und zwei Groschen und eine Mittagsmahlzeit vom Pfarrer. Land hatte die Küsterei nicht.
Das war ein schmales Einkommen für Pfarrer undKüster, welches sich allerdings um die Hufenabgaben des kleinen Filials Schönhausen und umdie freilich geringen Gebühren bei den seltenen Amtshandlungen vermehrte. Wir werden später hierauf zurückkommen. Dem Pfarrer wurde es obendrein oft schwer, die ihm zustehenden Einnahmen zu erhalten; daß geht aus dem Visitationsprotokoll von Schönhausen hervor, in dem es heißt: „Auch der Pfarrer zu Pankow geclagt, daß ime Christiffel barfuß (Patron ud Besitzer des Rittergutes Schönhausen) den halben Wiesenwachs abgezogen und gebeten im dene wider zuzueignen.“ Es ging ihm wie die Kirche, welche nach dem Protokoll mit ihrer Zinseinziehung ebenfalls schlechte Erfahrungen machte.
Ein zweites Visitationsprotokoll haben wir aus dem Jahre 1540, aus der Amtszeit des Pfarrer Zimmermann, welches bei sonst wörtlicher Uebereinstimmung in einigen Mitteilungen von dem Protokoll aus dem Jahre 1540 abweicht. Es nennt unter den Besitzteilen die Monstranz aus Kupfer, für die Pfarre einen Garten, für die Kirche eine Wiese, welche Simon Stromann für jährlich 2 Groschen gepachtet hat, und den Vierzeitenpfenning. Dagegen fehlt jede Erwähnung eines Barvermögens der Kirche. Es schließt mit einer eigenartigen Anordnung des Visitators: „Es sollen hinfuro die Bauern zu Pankow nichts mehr denn 2 Tunnen Bier bei Pflügung der 6 Morgen Landes und Abbringung des Korns zu fordern haben und eine Tunne zum Dreschen, aber das Bier auf dem Palmtag soll gar abgethan sein und so die Gotteshausleute darüber solches ausgeben wurden, sollen sie es der Vorstand.“ Bei der Beackerung der 6 Morgen Kirchenland, welche die Bauern ohne Lohn zu verrichten hatten, wurdedie Verpflegung der Arbeitenden an Getränken aus der Kirchenkasse bezahlt. Offenbar wurde die Grenze des Erlaubten manchmalüberschritten und daher die Anordnung getroffen, daß in diesem Fall die Kirchenvorsteher, welche zwei Bauern waren, dieMehrunkosten tragen sollen. Derbesondere Trunk am Palmsonntag wird ganz abgestellt. Das muß ein merkwürdiger, mittelalterlicher Brauch gewesen sein, daß den Bauern am Palmsonntag, an der Schwelle der Charwoche, von der Kirche „eine Tunne Bier“ gegeben wurde.
Derselbe Grund, welcher 1540 dieVisitation veranlaßte, bestimmte wohl die Regierung, auch die wertvollen Monstranzen,welche im evangelischen Gottesdienstkeine Verwendungmehr fanden, einzuziehen.
Am 8 August 1540 übergaben die Visitatoren den Silberbeamten des Kurfürsten die Monstranz unserer Kirche, die Urkunde lautet:
„Zu wissen, was die verordneten Visitatoren des Churfürstenthumbs derMark zu Brandenburgk Mittwoch nach Assumptionis Marie des XL. Jars (18. August 1540) unsres gnedigsten herrn des Churfürsten zu Brandenburgk Sylberknechten volgendt kürchensilber Stückweiß überantwortet und zugewogen. Eyn Monstranz von Bankow wigt Sybnthalb Marck, Syben lott.“
Eine zweite wertlose Monstranz aus Kupfer hat die Kirche behalten, welche als Altarkreuz weiter in der Kirche Verwendung fand, wie ein Visitationsprotokoll von 1574 und Pfarrer Ideler 1716 in seiner Designation angibt. Die Kurfürsten mußten zu dem Einziehen der wertvollen Monstranzen als Lehnsherren doch wohl berechtigt gewesen sein, freilich haben sie, durch Rechtserkenntnis gezwungen, dieselben manchmal zurückgegeben, so z.B. der Klosterkirche zu Berlin. Wie wir schon früher sahen, nahmen sie der Kirche in der Mark gegenüber eine besondere Stellunh ein. Friedrich der II. erwarb 1447 das recht, die Bistümer Brandenburg und Havelberg mit ihm genehmen Persönlichkeiten zu besetzen, und Joachim I. Fügte diesem Recht 1514 das Patronatsrecht über die Domkapitel dieser Bistümer und das Recht, den Domprobst zu ernennen hinzu. Die Hohenzollern hatten so die bischöfliche und die geistige Gewalt in der Mark völlig in ein Abhängigkeitsverhältnis von der weltlichen Herrschaft gebracht.
Die Reformation fand im Augsburger Religionsfrieden auf dem Reichstage zu Augsburg am 25. September 1555 ihren Abschluß. „Niemand dürfe wegen des Augsburgischen Bekenntnisses angeriffen werden,“ so bestimmte die Versammlung der Stände und Fürsten. Der Sieg des Lutherischen Glaubens wurde im kommenden Jahr überall in den lutherischen Landen gefeiert. Unsere zweite alte Kirchenglocke, welche die Jahreszahl 1556 trägt, läutete bei dem Sieges- und Friedensfest unserer Gemeinde zum ersten Mal; sie ist ein Dankopfer der Gemeinde gewesen und sollte für alle Zeiten ein Denkmal der Reformation bleiben.
Die kirchliche Verbindung unserer Gemeinde mit Bernau wurde durch die Reformation gelöst und Pankow wie alle nahen Dörfer um Berlin, die Stadtsuperintendentur Berlin unterstellt, welche vom Pfarrer der Nikolaikirche ausgeübt wurde. Pankow gehörte seit dieser Zeit kirchlich zu Berlin. Darum führt noch heute unsere Superintendentur in ihrer Bezeichnung Berlin Land II den Namen Berlins. Die Stadtsuperintendentur wurde im Anfang des 19. Jahrhunderts in die Superintendentur der Stadtgemeinden und Landgemeinden geteilt und die Superintendentur der ladgemeinden wiederum in zwei Verwaltungsbezirke.
Während so das Ringen um Gottes Wort und den Glauben sich vollzog und das Innenleben, befreit von dem Druck der katholischen Kirche, in neue lichtvolle Bahnen einlenkte, waren in der Stille bedeutsame Veränderungen des irdischen Besitzes in unserem Ort vor sich gegangen.
Mit dem Tod des Kurfürsten Johann Cicero 1496, dessen Hang zum Vogelfang der Nachfolger auf dem Thron nicht geerbt hatte, war wahrscheinlich das Interesse der Hohenzollern an der kleinen idyllischen Besitzung in Pankow, dem Erkerhäuschen inmitten des Walles, geschwunden. Sie überließen ihre Besitzung 1525 dem Dominicus Blankenfeld mitfolgendem Lehnsbrief;
„Wir Joachim Kurfürst bekennen und thun kund öffentlich mit diesem Brief für und und unsere Erben und Nachkommen, daß wir unserem lieben und getreuen Diener und Hofgesindt Dominicus Blakenfeldt und seinen männlichen Erben zu ewigen Pachten gnädiglich geliehen haben, Die Stätte Raum und Grabenwall mit den vier (? unleserlich) und alles Zugehorung und Gerechtigkeit Grund und Boden die wir zum Dorf Pankow zum Besitz und eigen hatten auch allermaßen wie wir dies alles von unserem freundlichen lieben Herrn und Vater weiland Markgraf Johann Kurfürsten geerbt.“
Das Erkerhaus aus Holz war dem Leibarzt Dr. Bartels zu Berlin zum Geschenk gemacht worden, welcher er auf seiner Besitzung in der Heiligen Geist-Straße an der Spree wieder errichtete.
Vierzehn Jahre später, 1539, veräußerte die Familie Blakenfelde zwei Drittel ihrer Rechte an Pankow und allen Grundbesitz mit dem halben Kirchenpatronat an den Rath zu Spandau, was der Kurfürst mit folgendem Lehsbrief bestätigte:
Wir Joachim von Gottesgnaden Markgraf zu Brandenburg, bekennen, daß wir unseren lieben und getreuen Bürgermeistern und Rathmannen und Ihren Nachkommen unserer Stadt Spandow zwei theil am Dorffe Pankow, vor Berlin gelegen, mit seinen jährlichen Zinsen, Renten, Pächten, Diensten, Zehnden, Wasser, Wiesen, Grasungen, Hufen, Höfen, Holzungen, Vyscherei, Streichern, Aeckern, gewonnen und ungewonnen, Huefnern, Cosseten samt der festen Hofstadt mit dem Walle umbfangen und anderen etlichen unerbauten Cossetenhöfen daselbst, auch binnen Zauns den ganzen Gericht, den halben Kirchlehn, zusamt einer freien Schäferei mit ihren rechten, wie dieselben etwa vergangenen Jahren die Blankenfelde zu ihrer Zeit in Lehn empfangen, zu rechten Mann-Lehen gnädiglich gelihen haben, in aller maßen wir die gemeldete zwei theil samt den angezeigten Gütern, vermöge des Kaufbriefes darüber ausgegangen von unsern lieben Hanßen Blankenfeld, Bürger in unserer Stadt Berlin, erblich erkauft, zu und an sich gebtracht, welches auch derselbe Hanß Blankenfeld dem gedachten Rath alles auf seinem Behuff samt seiner ehelichen Haußfrauen vor uns wie recht abgetreten hat.
Wir kennen nicht die Veranlassung zu diesem Verkauf; doch da die Blankenfelde auch das Dorf Seefeldt bei Spandau besaßen, so ist zu vermuten, daß der Verkauf in Pankow mit Regulierungen ihrer Besitzungen zusammenhing. Der Magistrat zu Spandau hatte mit diesem Kauf das halbe Patronat unserer Kirche 1539 erworben, wie es auch das Visitationsprotokoll 1540 angibt. Das dritte Drittel des Besitzes an Pankow blieb der Familie Blankenfelde noch; jedoch erwarb es 1572 Simon Mellmann zu Berlin für 600 Taler. 1578 kaufte derselbe Mellmann vom Magistrat zu Spandau das Gut mit allen Rechten und Zugehörigen für 2600 Gulden wieder zurück, sodaß das ganze Besitztum in seiner Hand wiedervereinigt war. Noch in demselben Jahrhundert ging das Gut wieder in den Besitz der Familie Blankenfelde über.
Diese Veränderungen im Besitz betrafen jedoch nur das Lehnschulzengut und die kleine Hohenzollernbesitzung mit ihren Rechten und dem Patronat, aber nicht das Belehnungsrecht des Kurfürsten und das Besitzrecht des Magistrats zu Berlin und Kölln. Aber auch hierin trat in diesem Jahrhundert eine bedeutsame Aenderung ein. Seit 1370 flossen infolge Verpfändung des Ortes die Abgaben für den Landesherrn in die Kasse der beiden Magistrate. An den Einnahmen unseres Ortes hatte Berlin 2/3, Kölln 1/3 Anteil. Zwischen beiden Räten bestanden nun schon lage Reibereien. Kölln beschuldigte Berlin, daß es bei der Verteilungder Erträge von den Dörfern, welche sie gemeinsam besaßen, übervorteilt würde und drang auf gerichtliche Trennung der Besitzteile. Das führte 1543 zum Vergleich, in dessen Protokoll es heißt:
„Hinwiderumb haben die Herren des Raths zu Coln iren dritten Teil und vormeinte Zusprach und gerechtigkeit an der berlinischen Seitenallenthalben am Buckshagen und in den dorffern Stralow Rosenfeldt Panckow Blankenborgh und Reinickendorff, Paurn, Hufen, Höfen, kornpacht, gelt und wasserzinsen, Zehenden, diensten, Holzungen, wassern, weyden u.s.w. hinfurder abzustehen und nichts mehr an der Berlinischen seyten und dorffern zu thun noch zu schaffen haben sollen.“
Wenn dieser Vertrag auch nichts in der Art und Höhe der Abgaben des Ortes änderte, so war doch das Rechtsverhältnis dahin gewandelt, da´das Dorf Pankow seit 1543 nur noch Berlin gehörte. Am 25. Mai 1548 erwarb nun der Kurfürst Joachim II. vom Rat zu Berlin für 8400 Gulden außer Besitzteilen in der Heide zu Spandau und den Plotcen Sehe (Plötzensee) alle Anteile des Rats an den Dörfern Berkholtz Panckow und Blankenburg mit aller und jeder zugehorungen zurück. Wir können nicht entscheiden, ob bei diesem Rückkauf der dritte Teil, welchen Kölln besessen hatte, nicht miteinbegriffen gemeint war; es wird berichtet, daß der Kurfürst mitden Rat von Berlin im Prozeß lag, vielleicht wegen dieser Rückkäufe. Der Erolgwar, daß der dritte Köllner Anteil an Pankow erst 1549 vom Rat zu Berlin an den Kurfürsten überging.
So war der Kurfürst wieder im Besitz der Einnahmen unseres Ortes, wie sie die Markgrafen von 1370 besessen hatten.
Der Rückkauf des dritten Anteils war aber in anderer Beziehung noch von höchster Wichtigkeit. Indem Berlin alle Rechte an den Kurfürsten abtrat, erhielt es von diesem ein Drittel der Lehnsherrlichkeit über Pankow zugesprochen. Wir haben nur eine verkürzte Abschrift des Kaufbriefes, aus dem die Verleihung des Lehsrechtes hervorgeht, sie lautet:
„Kaufbrief darin derKurfürst ein drittel Teil an Pankow und Blankenfelde, so hierbevor der Rath von Berlin gehabt und an den Kurfürst Gnaden verkauft, so hinwiderum den Blankenfeldern verkauft doch mit dieser Begnadung, daß ein Rath von Berlin dominus foedi sein und diese Lehen zu verleihen haben soll.“
Seit 1549 war also neben dem Kurfürsten der Rat von Berlin zu einem drittel Teil Lehnsherr über Pankow. Jede Belehnung mit einem Hof oder Recht in unserem Ort mußte von nun an zu 2/3 vom Landesherrn, zu 1/3 vom Magistrat Berlins erfolgen. Dieses Lehnsrecht ist auch tatsächlich bis zur Aufhebung der Lehnsuntertätigkeit 1810 vom Magistrat ausgeübt worden. Der Kaufkraft, welchen 1680 von Grumbkow bei der Erwerbung desLehnschulzengutes zu Pankow schloß, lautet am Schluß „Weil auch das Dorf Pankow ein wiederverkäufliches Lehen ist, davon 2 Teile zu hiesiger kurfürstlicher Lehnskanzlei ein Teil aber beim Magistrat der Stadt Berlin zu Lehen geht, so will der Herr Käufer den Konsens sich selbst auf seine Kosten zu beschaffen und bemüht sein. Auch wird dem Simon Mellmann vom Magistrat 1572 ein Lehnsbrief ausgestellt, in dem es ausdrücklich heißt „Und wir, die Lehnsherrn,erlauben und vergönnen gemelten Blankenfelde solches, konsentieren und bewilligen auch denselben Wiederkauf in allen Punkten.“ Mit diesem dritteil Lehnsrecht war der Anteil an der Belehnungsgebühr, welche gewöhnlich 2 9/6 des Kaufpreises betrug, für den Magistrat verknüpft. So erhielt Berlin für den Verlust an Einnahmen aus unserem Dorf durch Abtretung des köllnischen dritten Teiles einen Ersatz an Einnahmen aus den Belehnungsrecht. Den von Berlin 1549 erworbenen Einnahmeanteil der Stadt Kölln gab Joachim in denselben jahr der Familie Blankenfelde, welche diese Einnahmen 1572 bis zum Wiedererwerb des ganzen Gutes an Simon Mellmann veräußerten. Durch diese der Familie Blankenfelde erwiesene Huld wuchs das Recht und die Einnahme des Gutes. Der Gutsherr bezog von da an den Zehnt, den Grundzins und das Kaufgeld der Höfe.
Bei dem Wiederverkauf der Anteile Berlins und Köllns an Pankow war das Patronatsrecht Berlins noch nicht erloschen. Obwohl die Familie Blankenfelde das ganze Gut um 1600 wider besaß, werden in einer Matrikel von 1600 (Konsistorium Berlin) als Collatores d.h. Patrone noch der Rat von Berlin und Spandau und die Blankenfelde genannt. Infolge der vielen Besitzänderungen in diesem Jahrhundert sind die patronatsverhältnisse in der zweien Hälfte des Jahrhunderts nicht klar. Die folgenden Besitzer des Lehnschulzengutes dagegen werden nicht mehr mit den halben, sondern mit dem ganzen Kirchlehen belehnt.
Noch eine Belehnung mit Besitz in Pankow, welche Interessehat, ist uns aus diesem Jahrhundert bekannt, sie betrifft die Familie Brietzke.Eggert Brietzke starb 1527 und seine Söhne leisteten den Lehnseid. Diese Familie war reich begütert. Sie hatte Besitzungen in Rudow und Teltow, in Wulfersdorf, Wendisch Gothkow, Schönhagen, Langenwische und Zemlin. 1542 wird nun diese Familie mit weiteren Besitzungen in Pankow belehnt und zwar mit 15 ½ Hufen, einem Viertel am Gericht, und mit einer Wassermühle belegen im Dorf. Hierwird zum ersten Mal die Wassermühle erwähnt, welche bis1839 an der Panke, im heutigen Bürgerpark lag, welche in späterer Zeit und vielleicht auch schon damals ein bedeutendes Industriewerk,eine Papiermühle, war und bisweilen gegen 60 Arbeitskräfte beschäftigte. 1750 besaß diese Mühle Michael Schwiegerlink, später Pickerin, 1825 brannte sie ab und wurde, von neuem wieder erbaut, 1839 durch die durch plötzliche starke Gewitterregen angeschwollene Panke zerstört.
Was war Pankow am Ende dieses gewaltigen Jahrhunderts? Ein Dorf reicher Besitzer, aber rechnen wir den Hufenbesitz des Gutes, der Familie Krusemark, der Brietzke und der Pfarre zusammen, si erbibt sich der Schluß, daß nur eine kleine Hufenzahl den Bauern geblieben war. Die 12 Bauernhöfe, welche 1624 das Schoßregister der Zahl nach angibt, waren zum großen Teil wüst und zerfallen und im Besitz der Berliner, so hatte z.B. Krusemark vier wüste Höfe übernommen und das Visitationsprotokoll sagt, das der Bauer thews Dene seinen Zins nicht zahlen kann. Der Bauernstand war verfallen und verarmt.
Die Pfarrer des Jahrhunderts der Reformation waren Johann Moller, dessen Todesjahr wir nicht kennen, Andreas Kornemann, gestorben 1596, und Andreas Kurtzmann, gestorben 1600.
1600 – 1700
Wenden wir uns dem Jahrhundert des dreißigjährigen Krieges zu, so vermuten wir von vornherein, daß auch über unseren Ort Plünderung und Verwüstung kam.
Die Mark hat in den Jahren 1620-28 schwer gelitten. Brandenburg war zu schwach, um sich Feinden gegenüber halten zu können; es war deshalb Freunden und Feinden ein willkommener Ruheplatz. Die Mark wurde ausgesogen. Dänische Truppen hatten mit den wilden Scharen Mansfelds vereint hier schrecklich gewirtschaftet, beliebig Steuern erhoben und gebrandschtzt. Da kam die kaiserliche Armee unter Wallenstein, vertrieb die Mansfelder und Dänen und machte sich in der Mark ein bequemes Lager; diese Regimenter waren als Peiniger und Bedrücker gefürchtet. Wallenstein hat um 1627 im Kreise seiner Horden furchtbar gehaust. Auch in unserem Ort war gewisse Einquartierung, Bedrückung ung Erpressung an der Tagesordnung. Der Kurfürst Georg Wilhelm war gezwunden, dem damals allmächtigen Wallenstein alle Forderungen zu bewilligen; er übernahm seine Bewirtung und hielt den ganzen Troß desselben frei. Drei Jahre blieben die kaiserlichen Truppen in der Mark 1626-28, denn Wallenstein rüstete sich zu dem für ihn so verhägnisvollen Zug nach Stralsund. Man fürchtete im Geheimen, daß er, der Mecklenburg schon in der tasche hatte, Brandenburg an sich reißen würde. Das kleine Berlin – es zählte damals 10 000 Einwohner in 1209 Wohnhäusern – nahm am 22. Juni 1628 Wallenstein selbst als gefürchteten Gast auf. Ein glänzender Einzug wurde ihm bereitet. Auch die Einwohner Pankows mögen nach Berlin geeilt sein, um diesen Heerführer auf weißem Roß, begleitet von 30 Fürsten und Grafen und einem Gefolge von 1500 Köpfen, zum Stralauer Tor einreiten zu sehen. Am 23. Juni zog er, an Pankow vorüber, seinen Truppen nach Eberswalde nach.
Auch Gustav Adolf soll auf dem Wge nach Spandau durch Pankow gekommen sein.
Die Not würde noch gößer. 1632 zog der schrecklichste Fein, die Pest, ein. Der Landreiter berichtet nach den Schrecken des dreißigjährigen Krieges aus dem Jahre 1652, daß die Hälfte der Bewohner unseres Kreises entflohen und umgekommen war, die Felder lagen verwüstet, Dornen und Distel hatten überall die Herrschaft angetreten. Unser Dorf hatte manchen Sturm schon erlebt, aber so schwere Schläge und so tiefe Wunden hatte der Bauernstand noch in keinem Jahrhundert empfangen. Manlese den Revisionsbericht der Dörfer unseres Kreises vom 7.Mai 1696, welcher den Zustand unseres Dorfes fünfzig Jahre nach dem Friedensschluß schildert. Noch nach einem halben Jahrhundert sind vier Bauernhöfe und acht Kossätenhöfe zerfallen, wüst, unbesetzt, Bauern können ihre Ababen nicht mehr zahlen und werden Kossäten, Kossäten müssen in das Tagelöhnerhaus auf das Gut ziehen, und der Schäfer nutzt einen Kossätenhof, damit diesernicht noch mehr zerfällt. Von 15 Kossätenhöfen sind 8 wüst und nur 3 von Kossäten besetzt. Der Kaufkontrakt zwischen Amtsrat Weise und Geheimen Rat Grumbkow 1680 enthält die traurige Tatsache, daß drei Bauern ihre pächte noch schulden, daß drei Kossäten je 44 Taler Kaufpreis schuldig sind und daß der Gutsherr ihnen Pferde und Kühe samt einer Hufe Sommer- und Wintersaat hat geben müssen. Ferner lesen wir im Kaufkontrakt von 1690 zwischen den Grumbkow Erben und dem Kurfürsten, daß drei Bauernhöfe und acht Kossätenhöfe noch wüst und unbesetzt sind und nur drei Kossätenhöfe Besitzer haben. Welch ein trauriges Bild unseres Ortes schaut uns hier an und wie mag es erst fünfzig Jahre früher im Ort gewesensein.
Der Revisionsbericht lautet:
Panckow soll haben 38 Hufen
12 Hüfner
15 Kossäten
1 Schmidt
1 Hirt
Hufen.
2 Christoph Müller wohnt auf einer Kossätenstelle
3 Michel Schaumauf Bartel Meyers Hof
2 Peter Ohm
2 Peter Krafft wohnt auf einer Kossötenstelle
2 Der Krüger Bartel Zernickow, die dritte Hufe hat Adam Schwitzke
2 Peter Wartenberg
2 Martin Puhlmann wohnt auf einer Kossätenstelle
21/2 Adam Schwitzke
4 Matthes Meyer
2 Martin Liedemit
3 Marrin Grunow
4 Martin Schaum
31/2 Martin Zwarg
3 Jürgen Liebnitz
1 Zu Michel Schaum 4 Hufengut, hat der Schäfer unterm Pflug.
Bewohnte Kossäten sind
1. Hans Külige
2. Andreß Göris
3. Albrecht Knopf
4. Henry Noah
5. Herr Stoßius
6. Barthel Lafosse
7. David Illarie
Wüste Kossäten sind
1. Worauf Martin Puhlmann
2. Der Bauer Christoph Müller
3. Peter Krafft
4. Martin Lindemit. Diese 4 Bauern wohnen auf Kossätenstellen.
5. Jürgen Dreyers nutzet Jürgen Liebnitz
6. Andres Schmidt hat Christoph Müller.
7. Mattes Mohrmann wüste Hof soll der Schäfer nutzen.
8. Auch Tewes Wernicke genannt, ist in den Garten gezogen.
In diesen Bericht ist das Gut nicht mit aufgenommen, auch ist nicht berücksichtigt ob die Hufen zum Hof gehörig oder nur Pacht sind; denn nach dieser Angabe bleiben nur 4 Hufen übrig, was für die Pfarre und das Gut nicht ausreicht.
Die unter 4,5 und 7 genannten Kossäten waren französische Einwanderer. Der große Kurfürst hatte die um ihres Glaubens willen aus Frankreich geflüchteten Hugenotten sein Land 1685 geöffnet und den Landleuten unter ihnen verlassene sogen. Wüste Kossätenhöfe angewiesen.
Auch Pankow hatte an diesen großen Liebeswerk Anteil. So hatten in Pankow David Illarie, Barthel Lafosse, Henry Noah oder Noe‘, Jacob Siergen, 1695 je einen Kossätenhof auf einige Jahre gemietet.
Der von Landreiter Nr. 5 genannte Herr Stozius war der Amtshauptmann von Nieder-Schönhausen von Stosch, welcher den Kossätenhof den heutigen Amalienpark 1691 innehatte.
Im Pfarramt folgte der Pfarrer Jerimias Wittkenius 1600-1624 die Nachfolger schnell aufeinander. Joachim Fuchs 1624-26, Sebastian Hein 1626-28, Martin Langhorst 1628-50, Christopf Beccig 1650 zum ersten Mal, 1650-54 Daniel Bernhardi, Christopf Beccig 1654 bis 1663, Martin Pepusch 1663-89, Christoph Ideler 1689-1729. Also neun Pfarrer in einem Jahrhundert. Was mögen sie unter dem Druck des dreißigjährigen Krieges und seinen schweren Folgen an Not und Entbehrung durchgemacht haben. Das Einkommen war gering und bestand zum größten Teil aus den Hufenabgaben. Aber wie oft blieb die Schene leer, denn alle Aecker waren wüst, und die Bauern konnten das Meßkorn nicht liefern. Wie alle Dorfhäuser war auch das Pfarramt erbärmlich, ohne Unterkellerung im Fachwerk erbaut, und ebenso wie die Scheune der Ausbesserung bedürftig. Da die Bauern und Kossäten über den Hand- und Spanndienst, welchen sie wöchentlich dem Gutsherrn leisten mußten, schon hart seufzten, so waren sie gewiß auch wenig bereit, dem Pfarrer die notwendigen Dienste zu leisten. Pfarrer Pepusch berichtet im Kirchenbuch1664 als ein besonderes Ereignis „In diesem Jahr ist das Pfarrgehege zugemacht, von den Pankowschen allein, doch nicht ganz und zum Theil mit alten Stöcken. Desgleichen auch die Scheune gedeckt auf einer Seite. Die Schönhausenschen haben nur einen tag geholfen. 1665 „neuer Torweg und Brunnenstiehl.“
Esist von Interesse, das das Orts-Einkommen des Pfarrers und Küsters, wie vor 200 Jahren war, genauer kennen zu lernen. Mancher kirchliche Brauch und die engen Beziehungen desPfarrers zur Gemeinde in der alten Zeit wird uns gleichzeitig dadurch bekannt. Pfarrer Ideler berichtet aus dem Jahre 1716:
Pfarre: Wohnhaus nebst Scheune, notdürftige Stallung und ein kleines Häuschen zur linken Hand auf dem Hof, welches er sich selbst erbaut hat aus eigenen Mitteln.
3 Gärten in Pankow. 1 hinter dem Haus
2 ein Kohlgarten auf dem Feld hinter Grunow’s Hof.
1. ein Kohlgarten, den er wegen seiner Nässe zur Wiese gebraucht.
Acker: 4 Hufen in den 3 Feldern mit den Beiländern 1. in dem großen Felde nach Blankenburg zu. 2. Die zwei hintersten Hufen liegen beisammen, darüber der Berlinische Weg geht. 3. Die mittelste 2te Hufe zu 4 Enden, und hinter des Krügers Garten auch 2 Breiten zu 4 Enden, welche halb geteilt das 3te Feld hinter den Höfen von der Wichsling an machen. Die Beiländer sind zusammen zwei breite Stücke, 3 Ober Erbstücke, 3 kleine Länder, 2 Steinberge, 2 wischstücken, 2 lange Mittelbrüche, 3 hunerstorfsche Stücke, 5 Unter Erbsstücke, 4 Mühlenstücke, 10 Berkholz Enden, darunter zwei wüstbewachsen, 5 Brennholtz Stücke und 6 Enden hinter den Höfen.
Wiesen: 5 Wiesen, die kleine Schilf Wiese, die Große, die Neue, das Nadeland, den Fuchswinkel.
Geld: Kein Zehend sondern rein Korn von jeder Hufe ein Scheffel sind 1 Wispel 14 Scheffel. Den halben Vierzeitenpfennig, die andere Hälfte beziehen die Kirchenvorsther zum Einkauf der Oblaten und des Weines. (Was bei dem Einkauf an Geld übrig war gehörte auch dem Pfarrer nach einer Verfügung des Konsistoriums vom 25. Juni 1667.)
Aus der Kirchenkasse jährlich 1 Taler Strohgeld. (Die Lieferung von 1 Schock Bundstroh von jeder Hufe war in den Nöten des dreißigjährigen Krieges offenbar eingestellt wordenund wurde zum Schaden des Pfarrers mit 1 Thaler aus der Kirchenkasse ersetzt.)
Fleischzehnt: Von zwei Bauernhöfen a Puhlmann später Soldmann b Peter Krafft später Borcherdt je ein Huhn oder 8 Pfennig.
In der Vokation vom Patron jährlich als Legat vermacht 20 Thaler, (welche er jährlich von Grumbkow und danach seit 1691 vom Amt Nieder-Schönhausen bezog.)
König Friedrich II. hatte für die Besitzungen in Pankow nicht das Interesse, welches seine Vorfahren Friedrich I. Und Friedrich Wilhelm I. bekundet hatten. Die großen Aufgaben Preußens nahmen ihn in Anspruch. Als daher 1751 die Witwe des Leutnant Falk die Bitte an den König richtete, ihr das Amtshaus mit den Gärten gegen einen Jahreszins von 30 Talern zum Eigentum zu geben, schenkte ihr Friedrich II. das Gut, zumal ihr Ehemann an den von Hohenfriedberg empfangenen Wunden gestorben war. Im Amtshaus hatte der Amtmann Schmidt, welcher seit dreißig Jahren in demselben wohnte, ohne besondere Genehmigung einen Ausschank von Bier und Wein für Berliner Gäste betrieben. Diesen Ausschank wollte die Falk fortsetzen und dadurch sich und ihre Familie ernähren. Der König mochte wohl auch dadurch zur Schenkung bestimmt worden sein, daß das Gut zu einem dauernden Sitz durch seine lage nicht geeignet war, denn die nördliche Dorfseite trennte es vom Schloßpark,über den Hof ging eine Durchfahrt und an eine Vergrößerung der Gärten war ohne Einziehung von Dorfstellen nicht zu denken. Dazumachte das Schloß mit dem herrlichen Park das Gut entbehrlich. Aber noch ein anderer Gedanke leitete ihn bei dieser Schenkung. Des Königs Interesse war wie bekannt zur Hebung der Landeseinnahmen auch auf die Seidenfabrikation gelenkt. In vielen Dörfern entstanden deshalb damals Anpflanzungen von Maulbeerbäumen zur Zucht von Seidenraupen. Auch in Pankow sollte nach des Königs Willen eine pantage entstehen; eswurde die Verpflichtung, 120 Bäume im Abstand von 18 Fuß in dem Gutsgarten der sogenannten „Insel“ anzupflanzen, den Besitzern des Gutes auferlegt. Durch den schnellen, häufigen Besitzwechsel, wie auch durch die Folgen des siebenjährigen Krieges ist die Verwirklichung dieser Verpflichtung unterblieben und 1727 durch Verhandlung mit dem Besitzer Blanc beseitigt worden. Indem der König alle Rechte am Ort, an den Höfen, an der Dorfaue und das Patronat der Kirche der könglichen Familie vorbehielt, veräußerte er das Gut als Erbzinsgut.
Da sich die Absicht des Ausschankes, wie wir später noch sehen werden, nicht verwirklichen ließ, trat Frau Leutnant Falk 1753 ihr Besitzrecht an Frau Geheimrat Müller geborene de Bourdaire ab. Der Erbzins wurde auf 40 Taler erhöht. Nach dem Berichte des Generaldirektoriums der Kurmark bestand der Besitz aus folgenden Stücken: „das Amtshaus, das danebenliegende sogenannte Leinweberhaus, die beiden Gärten zu beiden Seiten des Hauses, ein altes Familienhaus im Garten, die gegen dem Amtshause über gelegene sogenannte Insel, auch zwei Stände in dortiger Kirche.“ Die Besitzerin übernimmt die Verpflichtung, „Gebäude und Gehege auf eigene Kosten zu erhalten wie auch den nahe am Amtshaus befindlichen Schlagbaum in guten Zustand zu setzen und zu unterhalten, auch ihn durch ihre Leute in Aufsichthalten verschließen und öffnenzu lassen, sie verpflichtet sich, die Insel mit Plantagenmäßigen Bäumen a´18 Fuß von einander binnen zwei Jahren zu besetzen und begibt sich endlich auch alles Wein und Bierschanks“ 30. Juli 1753. In demselben Aktenstück lesen wir: „Die Insel ist von dem Hauptgrundstück, das Amtshaus genannt, durch den Weg von Berlin nach Pankow getrennt (das ist die Berliner Straße, die von Friedrich III. Geschaffene Durchfahrt) und liegt auf der linken Seite des Weges unweit em Bauerngut des Zwarg“.
Das sind die ersten genaueren Angaben über die Lage des alten historischen Lehnschulzengutes, welches in alter Zeit mit so hohen Rechten ausgestattet war und dessen Besitzer wir seit 1355 verfolgt haben. Durch mündliche Ueberlieferung wissen wir genau, daß das alte Amtshaus an der Ecke der Berliner und Schlo´-Straße stand, wo heute die Apotheke sich befindet, nur daß der Westgiebel fast bis auf die Mitte der Berliner Straße reichte. Eir kennen ferner den Bauernhof Zwarg; er lag an der anderen Seite der Straße, auf dem Gebiet des Gutshofes. Die Hohenzollern hatten ihn bei Aufhebung der Gutslandwirtschaft gebildet und mit Ackerteilen des Gutes ausgestattet. Wir kennen die späteren Besitzer des Gutes und seine Teile, wir wir in den weiteren Zeilen sehen werden. Darum können wir die Grenzen des Gutshofes nun genau bestimmen. Der alte Lehnschulzenhof schloß sich östlich firekt an das Pfarrgehöft an, umfaßte die Gärten zwischen der Breiten Straße und Schulstraße, ferner die Berliner Straße und das Apothekengrundstück einschließlich des parkartigen Gartens längs der Front der Berliner Straße. Für dieses Gut befanden sich sich nach dem Aktennachweis in der Kirche besondere Patronatssitze.
Frau Geheimrat Müller sollte in ihrem Besitz schwere Zeiten durchleben. Der siebenjährige Krieg brach aus, welcher auch unserem Ort schwereVerwüstung und Plünderung brachte.
Während Friedrich der Große im Verlauf dieses Krieges mit seinen Truppen in Sachsen weilte, fielen 1760 österreichische und russische Truppen in die Mark ein, verwüsteten sie und besetzten Berlin. Die Kunde vom Siege bei Torgau verhinderte, daß Soltikoff mit den Russen im Brandenburgischen überwinterte. In rascher Flucht räumte der Feind die Mark, aber wie fürchterlich hatte er hier gehaust. Das Schloß Schönhausen war geplündert, der Patk verwüstet und die Königin nach Magdeburg geflohen. Wie mögen die horden in Pankow gewütet haben. Im alten Kirchenbuch finden wir 14. April 1760 die Bemerkung des Pfarrers Stockfisch: „Da die Russen hier anfingen herumzustreichen, und alles hier verwüsteten und verheerten, auch ein erbärmlicher Zustand anzutreffen war, so ist bei den Wüten und Toben niedergehauen der alte Gensicke.“ Wieviel Not undverlust, Gewalttat und Grausamkeit umschließen die wenigen Worte. Vier Jahre nach dem Ueberfall bei Pfarrer Corthym um die Wiederherstellung des von den Russen abgebrannten Geheges um den Pfarrgarten. Pfarrer Stockfisch starb tiefgebeugt noch in demselben Jahre, und nahm den schmerzvollen Anblick seiner verwüsteten Parochie mit in das Grab. Schwere Zeiten hatte er in Pankow durchlebt. Aus demletzten Jahre seines Lebens haben wir von ihmnoch ein Bittgesuch in dem er schreibt: „Als ich vor 29 Jahren das hiesige Pfarrhaus bezogen hatte, fand ich solches für mich sehr klei, mit zwei (!) Stuben. Da mir aber nach Verfließung mehrere Jahre meine Familie zuwuchs und ich einen tüchtigen Lehrer für die Kinder anzuschaffen hatte, sah ichmich genötigt, noch etwasGelas anzuschaffen und dieserhalb aus meinen eigenen Mitteln eine besondere Stube anzubauen“ und nun bittet er um 30 Taler Zuschuß.
Wider waren die Saaten zertreten, Ställe und Scheunen geplünder,die Häuserausgeraubt, Pferde und Vieh genommen undalle Vorräte erschöpft. Wirhaben außer jener kurzen Botschaft des Pfarrers Stockfisch noch einen langen besonderen Bericht. Frau Geheimrat Müller hatte in ihrem Kaufbrief verbrieft erhalten, daß ihraltes Amtshaus frei von Einquartierung sein sollte, und geradeauf ihrem Hof hatte sich der Feind so fürchterlich niedergelassen, daßsie in tiefster Not ihren König um Erlaß des Jahreszins bitten muß. Ihrer Petition an den könig liegt ein Bericht der Verwüstung bei. Beides läßt er uns erkennen, den Reichtum, welcher in den vornehmen Landhäusern unseres Ortes herrschte und die Unmenschlichkeit der Russen, welche alles mitnahmen, das Viehim Stall, das Geld im Kasten, das Ornament in der Wand oder das Porzellan im Schrank; was nicht zu verwerten war, wurde wenigstens vernichtet.
Ein großer Wallach 80 Thaler
Sieben Schweine 11 “ 12 Groschen
Sieben Enten 2 “ 8 Groschen
Zwei Gänse 1 “ 8 “
12 alte Hühner 3 “
150 Flaschen alten Wein 62 “ 12 Groschen
Eine auf Leinwand gemalte tapete 30 “
4 Fenster Gardinen 12 “
Von 12 Stühlen u. Einer Kanapee
Ueberzug u.Sitz abgegriffen 15 “
4 Fenster Gardinen 8 “
Von Kanapee grüner Plüsch
abgeschnitten 5 “
Ein Ober- und Unterbett 12 “
7 Kopfkissen nebst 2 Laken 5 “
Einen mit Eisenbeschlagenen
Holzwagen 15 “
Zwei Wagenkissen v. Gelbem Plüsch 6 “
Ein Pferdegeschirr 5 “
Ein fast neuer Sattel mit Zubehör 4 “
4 Dtzd. Teller von blau u. Weißen
chinesischen Porzellan 12 “
4 desgl. mit Schüsseln 5 Thaler 5 Groschen
Eine dazu passende Terriene 8 “
12 Paar weiße Dresdner Theetassen 12 “
12 Paar braune indianische
Kaffeetassen 4 “
2 desgl. Thekannen mit silbernen
Ketten 4 “
2 Vasen von japanischen Porzellan 5 “
Ein zinnerner chinesischer Theekessel
mit künstlisch erhabenen gearbeiteten
Figuren 5 “ 12 Groschen
Eine desgl. Kaffee- und Theekanne 4 “
12 Christall Biergläser mit goldenen
Rändern u. Geschlieffenen Fazetten 8 “
Ein großes geschliffenes Glas 1 “ 8 Groschen
Ein dito Mostrich Fäßchen mit einer
Silberkelle 2 “
2 italienische Kirchstücke in vergoldetem
Rahmen aus dem Paneel über den
2 Thüren des Salons ausgerissen 10 “
2 Fruchtstücke aus dem Paneel
über den Kamin 6 “
Das Porträt des jetzigen Königs
von Frankreich in Lebensgröße 100 “
4 Landschfaten mit Figuren auf Holz
gemalt 12 “
2 auf Holz gemalte Stücke 15 “
Eine Köchin auf Leinwand gemalte
mit einem Eimer am Arm und einen
Fasanen in der Hand 8 “
7 Frauenzimmerporträts auf Holz
gemalt 10 “
2 Vogelstücke auf Blech gemalt 5 “
2 Blumenstücke 10 “
2 auf Holz gemalte Holländische
Bauerngesellschaften 12 “
Ein Jagdhund mit einen Hasen 3 “
Eine Katze mit Federwild auf Holz 2 “ 18 Groschen
7 Jagdstücke auf Holz gemalt 16 “
2 alte Frauen auf Holz gemalt 8 “
2 auf Holz gemalte junde Damen 16 “
17 Stück pariser Original Kupfer
Stiche mit Glas und goldenen Rahmen 34 “
Eineindianische Pagode lackiert 4 “
4 kleine hölzerne echt vergoldete
Statuen heidnischer Götter vorstellend 5 “ 8 Groschen
Dergroße Plan von der Stadt Rom,
unvergleichlich schön in Kupfer
gestochen, auf Leinwand 25 “
Zwei Paar messingene in Feuer
vergoldete Spiegel 10 “
Ein messingener Feuerzang 2 “ 12 Groschen
Ein Toilettespiegel in Nußbaum
gerahmt 2 Thaler 12 Groschen
Ein Besteck mit 13 Paar Messer
und Gabeln 5 “
Ein großer kupferner Kessel 4 “
Ein kleines Schreibpindchen gänzlich
zerhauen 3 “
Desgl. Einen Eichenschreibtisch 3 “
Summa 688 Thaler 22 Groschen
Frau Geheimrat Müller war nicht reich. Sie hatte diese Dinge teilweise von ihrem Bruder geerbt, welcher viele Länder durchreist hatte. Sie geriet durch die Not der Zeit in Schulden und mußte 1763 ihren Besitz an „den Schatzjuden und Münz-Entrepreneur Daniel Itzig zu Berlin für 2700 Taler verkaufen. Die Glanzzeit des stolzen Gutes war dahin. Die Häuser wurden nicht mehr gepflegt, schnell ging es von Hand zu Hand. 1764 übernahm es der Banquier Schwaiger für 5500 Taler und drei Monate später der Hofbildhauer Carl Philipp Glome für 1100 Taler. Von diesen erwarb es 1775 die Gräfin Matuschka geborene Encke für 1650 Taler und noch in demselben Jahre die Stiftsrätin von Labs für 570 Taler. Inzwischen war es zu einen Prozeß gekommen, wegen der unterlassenen Anlage der Maulbeerplantagen und wegen des Laudemiums. Das Gut war ein Erbzinsgut. Er mußte daher bei jedem Verkauf des Gutes wie auch jedes der einst zu ihm gehörigen Höfe der fünfzigste Teil des Kaufwertes an die Staatskasse gezahlt werden.
Die Verkäufe von der Falck bis zur von Labes waren aber alle nur vor dem Notar und nicht vor dem Kammergericht vollzogen worden. Die hinterzogene Abführung des jedesmaligen Laudemiums wurde von der Stiftsrätin gefordert. Noch war der Prozeß nicht entschieden,da schenkte diese das Gut dem königlichen Joachimstalschen Gymnasium mit der Bestimmung,daß aus dem Ertrage des Gutes oder den Zinsen des Verkaufswertes märkische Studierende ein Stipendium erhalten sollten.
Die Feldmark unseres Ortes hatte nun einen neuen veränderten Anblick. Die Felder lagen nicht mehr in langen Streifen, sondern waren zu besonderen Feldern der einzelnen Besitzer zusammengeschlossen. Die Wege waren bedeutend verbreitert, mancher Weg war aufgehoben und neue Zufahrtswege zu den äckern bis zu den Grenzen hin angelegt. Aber auch ein Stück Dorfidyll war verschwunden. Der Schäfer zog nicht mehr mit seiner großen Herde auf die Brache und die leeren Herbstfelder, denn die gemeinsame Behütung der Feldmark hatte aufgehört. Die Schäferei, welche die Gemeinde vom Staat in Erbpacht hatte, wurde an den Bauern Damerow veräußert.
Eins zog das andere nach sich. Das Recht, 600 Schafe in der Junfernheide zu hüten, war mit der Vererbpachtung der Schäferei an die Gemeinde aufgehoben worden und ihr dafür die Behütung der Fekdmark, welche der Schäferei und damit dem König gehört hatte überlassen worden. Aber damit war noch nicht das ganze Hütungsrecht in der Junfernheide betroffen. Nach dem Hütungsregister von 1747 besaß die Gemeinde Pankow, wie auch andere Gemeinden das Recht, bestimmte Teile der Junfernheide mit 130 Stück Rindvieh und 500 Schafen zu behüten. Bei Abtrennung des Schießplatzes wurde das Recht auf 60 Kühe und 600 Schafe normiert, die Hütung aber auf die Heide und auf die Wiesen in der Heide ausgedehnt. Mit diesem Hütungsrecht war noch ein anderes verbunden, die Behütung des Tiergartenfeldes.
Das war auch ein altes Recht, welches schon in der Ackerordnung Berlins von 1580 erwähnt wird. Es stammt aus jener Zeit, in welcher Pankow dem Rat von Berlin gehörte. Im Tiergarten befand sich ein Vorwerk, welches Felder und Wiesen auf dem Wedding hatte. Da nun der Wedding ebenfalls 1648 dem Rat von Berlin gehörte und die Dörfer des Rats die Hütegerechtigkeit auf der gegenseitigen Feldmark hatte, so haben die Hirten vom Wedding ihre Schafe nach Pankow manchmal getrieben; aber Pankow hatte so auch die Hütegerechtigkeit auf den Feldern, welche zum Vorwerk des Tiergartens gehörten, d.h. auf dem Tiergartenfeld erworben; das Recht blieb auch, als der Kurfürst den Wedding erwarb. Den Bauern lag im 19. Jahrhundert nur noch wenig an diesem Recht, denn sie hielten nach der Separation keine Schafe mehr und trieben die Kühe nicht mehr so gern aus, weil die Weide zu weit lag. Auch dem Staat lag daran, die Gerechtigkeit aufzuheben.
An diesen beiden Rechten dem Staate gegenüber hatten die 14 Bauernhöfe unseres Ortes, denn das Bauerngut des Bankiers Jüterbogk war1817 abgefunden, sowie die 10 Kossätenhöfe, die Pfarre, die Küsterei und die Kirche als Besitzerin einer Hufe Anteil. Die Bauern hatten das Recht, 2 Kühe und 40 Schafe oder 6 Kühe auszutreiben, die Kossäten 1 Kuh, ebenso der Küster; der Charlottenburger Rezeß vom 5. Mai 1856 hob die Hütegerechtigkeit auf der Feldmark Charlottenburg im Tiergartenfelde und auf den in der Jungfernheide belegenen Wiesen auf und überwies der Pfarre, Kirche, dem Schul- und Küsteramt, den 14 Bauern und Kossäten die sogenannte Mäkeritz-Wiese bei Spandau, welche 18 Morgen 166 Ruten groß ist. Die Wiese ist noch heute im gemeinsamen Besitz der Intressenten, welche sich die jährliche Pachtsumme teilen. Ihr Vertreter ist Rechnungsrat Balzer.
Wieder war ein charakteristisches Stück des märkischen Dorflebens dahin. Sonst blies in der Frühe des Morgens der Hirt am westlichen Ende des Dorfes vor seinem niedrigen Häuslein und munter traten die Kühe aus jedem Hof, folgten den Hirten auf dem Triftweg, nahmen in der Panke ihren Morgentrunk und kehrten am Abend von der fernen Weide heim.
Inzwischen war auch die Hütungsgerechtigkeit im „großen Eichholtz“, welches sich südlich der Panke von der Schloßstraße nach Osten erstreckte, aufgehoben. Der Kurfürst Friedrich III. Hatte in den 90er Jahren des 17. Jahrhunderts das große und kleine Eichholtz von der Bauerngemeinde gegen Wiesen bei Spandau eingetauscht, ihnen aber die Hütegerechtigkeit besonders für Schweine gelassen. Das Recht wurde 1831 mit 160 Talern abgelöst.
Schon 1823 hatte der Staat das einst zum Schloßpark erworbene „kleine Eichholtz“ an den Bankier Lessing für 400 Taler verkauft. Es war ein kleiner Eichenwald, 4 Morgen groß, welcher sich von der der Schloßstraße zwischen der heutigen Park Straße und dem Pankgrafen, welcher damals Bankier Jüterbogk besaß, westlich bis zu den Wiesen erstreckte; der Elisabethweg bestand schon damals als Einfahrt zu den Bauerwiesen. Die Hütegerechtigkeit in diesem Wäldchen hatte der Staat abgelöst. Auch das große Eichholtz sollte damals von der Försterei verkauft werden. Wir sind dem König und seinem trefflichen Höfgärtner dankbar, welcher es für den Schloßpark in Anspruch nahm. Wie das kleine Eichholtz wäre es der Eichen beraubt und in Bauland verwandelt worde.
Ein weiteres Werk der Reform war die Umwandlung der Naturalabgaben in eine bestimmte Steuer. Wie wir sahen, mußten die Höfe von ihren Hufen an den Besitzer des Dorfes bedeutende Abgaben an Stroh, Roggen und Gerste jährlich leisten, der Bauernhof 15 Scheffel Roggen, der Kossätenhof von seinem Garten 1 Scheffel Roggen. Auch der Viehstand, selbst Gänse und Hühner, unterlagen der Abgabe des Zehnten, sodaß jeder Hof außer dem Fleischzehnt in Geld vom Vieh, noch 1 Gans, mehrere Hühner und 5 oder 6 Eier an das Rentamt abliefern mußte. Bei welchen Gütern die Umrechnung in eine Geldabgabe noch nicht erfolgt war, fand sie nun statt. Statt dieser Abgaben wurde von 1836 an der Domainenzins vierteljährlich entrichtet, welcher für die Bauernhöfe 22 Taler, für den Kossätenhof 11 Taler betrug. 1833 war der Dienst in der Forst in eine bestimmte Jahresgeldleistung umgewandelt worden. So war auch die Form der Steuer eine andere geworden. Man bezahlte nur noch in Geld seine Verpflichtung; und diese war nicht gering.
Der Bauernhof entrichtete: an die Kreiskasse Grundsteuer 17 Taler 6 Groschen, Armengeld 25 Groschen, an die Forstkasse Forstdienstgeld 1 Taler 6 Groschen, an das Rentamt Domainenzins 22 Taler.
Der Kossätenhof zahlte die Hälfte. Dazu kamen die Abgaben an die Pfarre 2 ½ Taler für 2 ½ Scheffel Roggen, an den Küster 2 Taler für Roggen, 2 Brote und 5 Eier, das Meßkorn an den Schmied des Ortes. Seit Aufhebung der Erbuntertähnigkeit war Pankow nicht mehr der Stammschmiede in Nieder-Schönhausen verpflichtet. 1828 errichtete der Schmiedemeister Schmidt in der Schönholzer Straße eine Dorfschmiede. Pankow hatte wieder eine eigene Schmiede wie einst vor 1680, als von Grumkow bei der gleichzeitigen Erwerbung der Güter Pankow und Schönhausen die Schmiede, welche sich neben dem Küsterhaus befand, eingehen ließ. Jeder Hof mußte dem Schmied für Schärfung der Ackerpflüge 1 Scheffel 14 Metzen Korn jährlich entrichten. Der Ablieferungstag des Korns war jedesmal ein fröhlicher Bewirtungstag im Hause des Schmiedeneisters oder im Krug.
Zu diesen selbstbestimmten Steuern kamen noch die Gemeindeabgaben. Sie waren verschiedener Art, je nach den Verpflichtungen,denen das Dorf nachzukommen hatte. Bald gabes Hand- und Spanndienste zu leisten, wenn Wege, Gräben und Brücken in Ordnung zu bringen waren oder an der Schule, Kirche oder Pfarre Reparatur oder Neubau erfolgte, bald mußten entstandene Kosten besonders bei Neubauten gedeckt werden. An Hand-und Spanndiensten hatte der Büdner 1/6, der Kossät 1/2, der Bauer 1 Anteil zu übernehmen, dasselbeVerhältnis bestimmte die Barzahlung. Diese Lasten waren nie gern gesehen, und manchmal mußte der von der Behörde beauftragte Schulze das Amt um Einziehung bitten. Dieses half eigenartig mit gutem Erfolg. Man schickte den Landreiter, welcher sich auf Kosten des Säumigen im Dorfkrug einlongierte und nicht eher abzog, bis die Sache erledigt war. Oft kam es auch zum Prozeß. Der Kossätenhofbesitzer Labayè klagte 1807 gegen den Geheimen Rat Hermbstadt (heute Amalienpark), die Abgaben seien für beide Höfe gleich groß und doch umfasse sein Hof nur 2 Morgen, jener Hof aber fast 6 Morgen. Bei der Verhandlung gab der im Orte geborene greise Schulze Grunow interessante Angaben über die Vergangenheit.
Bei Feststellung der Kreisteuer 1780 und Verteilung derselben auf die Dörfer und Insassen habe man die Bemerkung gemacht, das Pankow 15 Kossätenhöfe haben solle, aber nur 10 vorhanden waren; 5 seien in den Zeiten, da sie wüst waren, allmählich verschwunden; die Stellen habe man wohl noch feststellen können, aber in Wirklichkeit hätte man nichts mehr ändern können. Auf diese Weise habe von Stosch seinen Hof vergrößert. Wir erfahren auch von Grunow, wie die Steuern voralters eingezogen wurden. Nach dem Grundsatz „gleiche Brüder gleiche Arbeit,“ habe abwechselnd nach bestimmter Reihe ein Bauer die Abgaben abgeholt und gleich nach Berlin zum Amt gefahren, erst seit 1786 habe der Schulze die Steuer erhoben.
Aber noch weitere Lasten hafteten auf den Höfen.
Die Bauerhöfe und Kossätenhöfe in Pankow waren, wie wir früher sahen, königliche Laßgüter. Darum mußten bei jedem Verkauf eines Kossätenhofes 10 Prozent, eines Bauernhofes 2 Prozent von der Verkaufssumme bezahlt werden, das galt auch vom Verkauf jedes Trennstückes. Das war eine hohe staatliche Umsatzsteuer, neben der sich zwei andere Lasten, welche nicht verschwiegen sein mögen, recht niedlich und interessant darstellen. Im Grundbuch des Quadtschen halben Kossätenhofes in der Schönholzer Straße stand zu lesen, daß der Besitzer dem Küster jährlich 1 Groschen für das Aufziehen der Kirchturmuhrzahlen muß, und zwei Höfen, Borchardt und Puhlmann, lag die Abgabe ob, dem Pfarrer jährlich ein Huhn zu liefern, wie schon Pfarrer Ideler 1716 mitteilt.
Auch für die Pfarre lastete auf manchem Grundstück, welches einst zur Pfarre gehört hatte, das Laudemium.
Vieles war geschehn aber hierin mußte die Reform noch weiter gehen. Am 2. März 1850 erfolgte das Gesetz, daß alle Lasten vom Besitzer eines Grundstückes mit dem 25 fachen Jahresbetrage oder, wenn es von ihm gefordert wird, mit dem 20 fachen Betrag für immer abgelöst werden können.
Diese Ablösung machte viele Jahreszahlungen ein Ende.
Das Dienstgeld, der Domänenzins, das Laudemium, die Zahlungen an den Pfarrer und Küster, an den Schmied und sonstige Verpflichtungen wurden abgelöst und verschwanden für immer. Die Ablösungssummen waren freilich oft recht bedeutend und darum hat sich die Ablösung durch viele Jahre hingezogen. Ein Berliner Bankier entrichtete für die beiden Bauernhöfe, welche er in Pankow besaß, für die Ablösungdes Domänenzinses und der Naturalabgaben 1792 Taler, der anderen Abgaben 1899 Taler. Das waren Summen, welche der schlichte Landmann nicht so schnell entrichten konnte.
Zu dem Gehalt des Pfarrers und des Küsters gehörten die Gebühren, welche für die Verrichtung der Amtshandlungen entrichtet wurden. Ferner bezog der Pfarrer und die Kirchekasse je zur Hälfte das Vierzeitengeld, das Abendmahlsgeld, welches von jedem Erwachsenen Christen eingezogen wurde, es betrug quartaliter ein Pfennig, später pro Jahr 15 Pfennig und stammt aus der alten Zeit, da die Kiche auf Opfer angewiesen war und die Beschaffung des Brotes und Weines zum Abendmahl noch von den Kommunikanten, vertreten durch die beiden Kirchenvorsteher aus ihrer Mitte, geschah. Erst durch Einführung der Kirchensteuer war die Ablösung dieser Gebühren möglich und erfolgte darum erst gegen Ende des Jahrhunderts. Man unterschied bei den Taufen und Trauungen, ob die Feier in der Kirche in der einfachen hergebrachten Form und zur gewohnten Zeit vollzogen wurde, oder nach dem Belieben der Beteiligten äußerlich mit größerem Glanz ausgestattet wurde. Im letzeren Fall wie bei allen Amtshandlungen im Hause blieb die Gebühr bestehen, im ersten Falle wurde sie bei reichlichem Diensteinkommen des Pfarrers ohne Entschädigung aufgehoben, bei geringerem Einkommen aus der Kirchensteuer jährlich ersetzt. Die Ablösung erfolgte erst 1892, die Ablösung des Vierzeitengeldes 1897. Die Gebühren für die Beerdigungen blieben bestehen.
Der Kossätenhof des Geheimen Rats Hermbstadt; früher von Stosch, Ziegler usw., heute der Amalienpark. An diesem Ostende des Dorfes teilte sich die Dorfstraße wieder in drei Landwege. Der eine führte südlich nach Weißensee (heute Hadlich Str.), der zweite führte westlich nach Heinersdorf, der dritte führte nordwestlich nach Französisch-Buchholz. Eine doppelte Lindenallee schmückte die Dorfaue vom westlichen bis zum östlichen Ende und gab dem Schmagerschen Büdner-Haus am Dorfteich die Bezeichnung „Lindenhaus“.
Alle Besitzungen hatten tiefe Gärten, welche eine gleichmäßige Grenze an dem Dorfweg hatten, welcher das ganze Dorf umlief, mit Ausnahme des Teiles zwischen der Schloß-Straße und der Schönholzer Straße. Hier lag zwischen den Höfen und der Panke der sogenannte Piesel, niedrig gelegenes Wiesenland. Die Panke hatte vor 1806 an dieser Stelle einen anderen Lauf. Sie floß bald hinter dem heutigen Pankgrafen und hinter dem damaligen kleinen Eichholz in einem weiten Bogen südlich bis an die Gärten der Höfe heran, wandte sich wieder nordwärts bis zur Heidebrücke. In dem weiten, nach Norden geöffneten Bogen lag der Schönhauser Kirchenacker. 1805 wurden vom Erbpächter, Finanzrat Hering, Teile dieses Ackers zur Gradlegung des Pankebettes mit der Gemeinde Pankow ausgetauscht. Auf der Karte von 1818 ist das neue Bett als auch der alte Lauf im südlichen Bogen kenntlich. An den Feldweg erinnern heute nur noch die kurzen Strecken, die Schul-Straße und die Hartwig-Straße. Auch der Dorfteich für Feuersgefahr fehlte nicht. Er lag am Westende des Dorfes vor dem Lindenhaus oder dem Pfuhlhaus, wie man es später mit wenig Geschmack nannte; er wurde 1870 zugeschüttet.
Die Gärten waren zum großen Teil schön angelegt und gepflegt. Die Wege waren sämtlich ungepflastert, aber alle mit Baumreihen geschmückt. Unser Ort lag wie ein großer Garten im Grünen.
In der Mitte stand das Kirchlein, schmucklos ohne Turm, umgeben von den Gräbern der Verstorbenen. Das Küsterhaus und hinter ihm das Haus des Müllers und ein Büdnerhaus schlossen sich an.
Der kleine Friedhof an der Kirche mußte wohl keine würdige Einfassung einst gehabt und die Pflege der Gräber darunter gelitten haben. Dies hatte den Bankier Johann Hinrich Scheel bewogen, in seinem Testament zu einer würdigen Kirchhofsmauer 500 Taler auszusetzen. Er starb 1782 und im folgenden Jahr wurde die Feldsteinmauer mit einem Pfeilergatter nah der Schloßstraße zu errichtet.
An der Ostseite der Kirchhofsmauer lehnte sich der Leiterschuppen und das kleine Spritzenhaus, welches später auf den Schulhof an der Kirche verlegt wurde; 1890 wurde ein besonderes Feuerwehrhaus in der Schulstraße errichtet.
Friede war im Lande und friedlich ging das tägliche Leben dahin. Die vom Krieg unterbrochene Weiterentwicklung wurde wieder aufgenommen, noch manche Fessel des alten Lebens mußte gesprengt werden.
Der Landmann war wohl rechtmäßiger und freier Besitzer seines Hofes und Ackers, aber sein Acker war nicht fest begrenzt; es hing mit der altersgrauen Gewohnheit der Bestellung der Feldmark zusammen. Das gesamte Ackerland war in drei große Felder geteilt, von denen abwechselnd eines brach liegen blieb und zwei gleichmäßig bestellt wurden. Hieran war jeder gebunden. Wer dem zur Brache bestimmten Teil beackerte, verfiel der Strafe und wurde gehindert. Jeder Bauer hatte Anrecht auf eine bestimmte Morgenzahl in jedem Feld. Die Gewohnheit der Jahre brachte wohl mit sich, daß jeder die Ackerstreifen kannte, welche in jedem Feld ihm immer wieder zugeteilt wuren, aber er konnte von ihnen nicht sagen, daß sie sein Eigen seien. Der Acker lag im „Gemenge“, wie man sich ausdrückte.
Alle Teile der Feldmark, welche in die drei Felder nicht einbegriffen waren, zum Beispiel die Ackerstücke zwischen den Höfen und der Panke, waren ebenso in Teile geteilt. War der Bauer auf den großen Feldern an die bestimmte Ackerfrucht, an den Beginn der Bestellung und der Ernte gebunden, so konnte er auf den Beiländern freier den Bedarf des Hofes bauen. Auch an jeder der getrennt liegenden Wiesen hatte er einen oft größeren, oft winzig kleinen Anteil. Wie unglücklich lagen obendrein die Anteile an den drei Feldern. Wegen der Zufahrt mußten sie an einen der wenigen Wege grenzen und waren deshalb schmal, aber oft sehr lang, vom Dorfweg hinter dem Hof bis zur Grenze der Dorfmark. Der Einzelne konnte wohl seinen ganzen Ackeranteil, aber nicht ein Trennstück verkaufen; verkaufte er seinen Anteil an einem Beiland, so verursachte es große Berechnungen, weil die Hütegerechtigkeit auf allen Feldstücken, auch den Wiesen, vor einem Termin im Frühjahr und nach einem Termin im Herbst wiederum der Gesamtheit zustand. Wurde ein bestimmter, festbegrenzter Teil der drei Felder an einen Käufer veräußert, so war die ganze Bauernschaft, Pfarre und Kirche am Verkauf beteiligt und mußte entschädigt werden. Das kam wohl vor. So kaufte Geheimer Rat Hermbstadt, der Besitzer des letzten Kossätenhofes auf dem Ostende des Dorfes (des heutigen Amalienparks), neben seinem Hof 1812 ein Stück Feldmark von 25 Morgen und zäunte ihn ein; er beabsichtigte hier einen botanischen Garten anzulegen. Ein Bild der Zersplitterung des einzelnen Ackerteils haben wir oben bei dem Pfarrland in der Aufzeichnung des Pfarrers Ideler 1716 gesehen. Die Lostrennung des Einzelackers von der Gesamtheit, die Zusammenlegung der einzelnen Teile und ihre feste, unabhängige Begrenzung nannte man Separation.
Die Separation war eine Notwendigkeit und wurde von jedem erwünscht.
Schon 1771 erließ Friedrich II. für Schlesien ein „Reglement über die Aufhebung der Gemeinheiten und Gemeinhütungen“. 1752 hatte er für die Staatsdomänen angeordnet, daß überall da, wo königliche Domänen mit den Ortschaften „im Gemenge“ lageen, von den Beamten eine wirtschaftliche Zusammenlegung veranlaßt werden sollte. Für unsere Gegend erfolgte eine Verordnung vom 20. Juli 1817 und das Gesetz vom 7. Juli 1821. Diesem Gesetz nach mußte auf Antrag eines einzigen Teilhabers die Gemeiheitsteilung erfolgen.
Den Separationsantrag stellte in Pankow der Pfarrer Weiße und einige Bauern, denen sich die Gesamtheit sofort anschloß; allen lag viel an einer Festlegung ihres Besitzes und sie bitten, ihnen die zu ihren Gütern gehörigen Aecker, Wiesen, Weiden und Holzungen abgesondert von den Grundstücken der übrigen Grundbesitzer in einem speziellen Plan zuzuteilen. Schon 1819 waren alle Wirtschaften vermessen worden. DerAcker wurde 1820 verteilt. Der Separationsrezeß wurde erst 1842 vollzogen, da sich in der Reglung der Hütegerechtigkeit viel Schwierigkeiten ergaben.
An der Separation waren 14 Bauerngüter, die Pfarre, die Kirche, 10 Kossätenhöfe, das Schul- und Küsteramt interessiert. Die Büdner hatten weder Ländereien im Felde, noch Anteil an der Hütung und waren deshalb nicht beteiligt. Das 15. Bauerngut (Schmager, Jüterbok) war schon 1817 separiert auf Antrag des Bankier Jüterbogk und hatte feste Acker und Wiesen, sodaß dieses Bauergut bei der allgemeinen Separation ausschied. Die zu separierenden Realitäten waren 1. Äcker, 2. Wiesen, 3. Weiden, 4. Holzungen, 5. Hütungsrecht im „großen Eichholz“, wofür ein jährlicher Zins von 5 Taler und 13 Groschen an das Rentamt zu zahlen war, zu dem jeder Bauer und der Pfarrer ein Teil, jeder Kossät ½ Teil beträgt. 6. Hütungsrecht in der Jungfernheide, welches mit Rindvieh von der ganzen Gemeinde und mit Schafen von denjenigen Gemeindegliedern, welche die Schäfereigerechtigkeit auf der Feldmark besitzen, ausgeübt wird.
Die Gemeinde durfte in der Jungfernheide, welche bis zum Wedding damals reichte und zu der die Spandauerstraße der alte Triftweg war, 60 Stück Rindvieh und 600 Schafe hüten. Die Gemeinde hatte hierzu einen besonderen Kuhhirten, welcher an der Nordecke der jetzigen Breiten- und Alten Schönholzer Straße sein Hirtenhaus und Wiese hatte. Dieses einst wertvolle Hütungsrecht in der Jungfernheide verlor für unsere Bauern und Kossäten mehr an Wert, weil die Jungfernheide durch die wachsenden Orte Gesundbrunnen, Wedding und Reinickendorf weiterrückte und abgeholzt wurde.
1. Den Acker und die Beiländer hatten zu teilen nach ihrem Anrecht 13 Bauern zu je 21/2 Hufen, 1 Bauer zu 3 Hufen, die Pfarre zu 4 Hufen, die Kirche zu 1 Hufe (die Kirche besaß schon 1785 ¾ Hufen, ihr Anteil ist bei der Separation offenbar abgerundet worden.)
2. Wiesen. Diese lagen zum Teil zerstreut in den drei Feldern, zum Teil in einer Parzelle am Piesel, an der Panke auf der Nordseite des Dorfes.
3. Weiden. Auf gemeinschaftlichen Weiderevieren z.B. die Eberwiese, und die Pferdekoppel; auf der Brache; auf den Stoppelfeldern; auf den Wiesen im Frühjahr bis 12. Mai und im Herbst nach der letzten Mahd; in der Junfernheide, im Eichholz.
4. Holzung. Die Dorfheide 166 Morgen, wurde von 14 Bauern und der Pfarre genutzt.
Durch den Receß erhielt die Pfarre Acker 24 Morgen 16 Ruten. 94 Morgen 113 Ruten lagen in der Gegend der heutigen Kaiser Friedrich Straße, 28 Morgen zwischen der heutigen Schulstraße, Berliner Straße und dem Grunowschen Acker, an Wiesen 3 Morgen 22 Ruten am Piesel (etwa Park Str.) 7 Morgen 122 Ruten Kleekoppel, im Gelände des heutigen Güterbahnhofes; zusammen 135 Morgen 86 Ruten.
Die Kirche erhielt an Acker- und Weideabfindung 38 Morgen 92 Ruten an der Prenzlauer Chaussee, welche damals Uckermärkische Heerstraße hieß.
Das Schul-und Küsteramt hatte Hüterecht für 1 Kuh, 1 Kalb, 2 Schweine und 2 Gänse, welches mit 70 Ruten Wiese in der Kleekoppel abgefunden wurde. Zur Verbesserung des Einkommens und zur Anlage einer Obstbaumschule wurden weiter 1 Morgen und 150 Ruten an der Mühlen Straße bestimmt. Unter den Interessenten wurde der Acker je nach ihren Anrechten verteilt. Die Stücke auf den Hauptfeldern zur Linken und zur Rechten der Berliner Straße wurde durch das Loos verteilt.
Die Kossäten erhielten als Abfindung ihre Weidegerechtigkeit auf der Feldmark Ackerteile oder Wiesenteile, gewöhnlich im Anschluß an ihren Garten. Für die Wege war im Rezeß eine bedeutende Erweiterung vorgesehen, so für die Uckermärkische Straße (Prenzlauer Straße), für den Weg nach Berlin (Berliner Straße) und die Mühlen Straße, für den Weg nach Heinersdorf und dem Gesundbrunnen. Zur Dotation des Schulzenamtes wurden 4 Morgen Wiesen, für den Kirchhof 2 Morgen an der Kreuzung der Spandauer Straße und Kreuz Straße, für die Schmiede 10 Ruten ausgeschieden.
Vieles blieb noch Gemeindegut. Das Holzrevier, 160 Morgen, sollte gemeinschaftlich verwaltet und um die gemeinschaftliche Weide am Weg nach dem Gesundbrunnen noch erweitert werden. Zu dem Zweck soll jeder Bauerhofbesitzer jährlich 15 Groschen zum Ankauf von Kienäpfeln (zur Aussaat) oder 2 Scheffel gute Kienäpfel geben. Der Nutzvertrag des Holzes wird jährlich verteilt. Gemeinsamer Besitz bleibt das Pferdehirtenhaus, welches Nachtwächterwohnung wird, und das Kuhhirtenhaus, die Jungfernheide an der jeder Bauer mit 2 Kühen und 4 Schafen oder 6 Kühen beteiligt war, jeder Kosssät mit einer Kuh, die Hütung im Eichholz, der Besitz der Hirtenhäuser und der Schäferei im Ort (Breite Str. 22). Die freie Schäferei gehörte ursprünglich zum Lehnschulzengut, war aber 1719 den Bauern und Kossäten gegen eine Jahrespacht von anfangs 88 Taler später 133 Taler und der Verpflichtung, 50 Fuder Schafdung zur Schloßgärtnerei zu liefern auf Zeitpacht überwiesen worden. Zu dieser Schäferei gehörte, um das Heu für die Winternahrung zu gewinnen, eine Wiese von 44 Morgen, bei Pinnow an der Havel, ferner die Hütegerechtigkeit auf der Feldmark zu Pankow für 400 Schafe. An diesem Besitz waren 15 Bauern, von denen 1817 Jüterbogk durch Rezeß ausschied, beteiligt. Die Schäferei wurde 1827 gegen 106 Taler Domainenzins und Taler Grundsteuer in einen Erbpachtsbesitz der Gemeinde verwandelt. Die Hofbesitzer mußten jedoch dem Fiskus gegenüber dafür auf die Hütegerechtigkeit in der Junfernheide für immer verzichten. Der Schäfereihof mit Garten ging bald in den Besitz des Bauern Damerow über. An der Schäferei hatte die Pfarre und Kirche keinen Anteil.
Die Separation war einst der größten wirtschaftliche Reformwerke des Jahrhunderts. Der Acker des einzelnen Hofbesitzers lag nun festgeordnet, der Besitzer hatte volle Verfügungsfreiheit und konnte jederzeit Ackerteile veräußern.
1 Kommentar
Sehr geehrte(r) Textautor/ – autorin,
es wäre sehr schön, wenn es wenigstens einen kleinen Hinweis auf den ursprünglichen Autor des Pankow-Buches „Aus vergilbten Blättern – Geschichte von Pankow“ (2. Auflage 1922), den Pankower Superintendenten Ferdinand Beier gäbe. Dann käme man nämlich auch nicht auf das falsche Namenskürzel „S. Beier“ am „Kopf“ des vorliegenden Textauszuges.
Mit freundlichen Grüßen,
Michael Hinze
Mitarbeiter der vom Stadtteilzentrum Pankow monatlich angebotenen (historisch orientierten) PANKOWER SPAZIERGÄNGE