Tagträumen kann schön sein, aber es kann auch das ganze Leben vermasseln. Z.B. die 84jährige Jungfer, die immer noch hofft, dass „der Richtige“ kommt. Von dem „Richtigen“ hat sie genaue Vorstellungen, wie er sich räuspert, wenn er den Raum betritt, wie er sich zum ersten Kuss über sie beugt … Erwartungen, die nur zu Enttäuschung führen können. Die Tagträume halten von dem realen Leben ab.
Während früher Tagträume von romantischer Literatur (Arztromane), Filmen (Traumschiff) und auch Musik angestoßen wurden, blieben sie doch weitgehend der Initiative des Einzelnen überlassen. Neuerdings gibt es eine Industrie, die sich die Neigung des Menschen zu Tagträumen zu Nutze macht, die Computerspiele. Wie jeder Produzent im Kapitalismus versucht sie mit Krakenarmen ihre Umsatzzahlen zu optimieren und dafür ihren Einflussbereich zu vergrößern. Inzwischen kann man im PC alle Lebensbereiche für sich befriedigend gestalten. Man kann Häuser bauen, Städte planen, Geschäfte gründen, Familienleben arrangieren, Kriege führen und gewinnen… Nur am realen Leben geht das vorbei, genauso wie die privaten Tagträume. Mit dem Motiv der Gewinnoptimierung werden schon Kinder zum PC-Spiel verführt, die sonst vielleicht beim Murmelspiel mit Freunden ihre realen Erfahrungen machen würde. Wie wird eine Gesellschaft aussehen, in der viele Menschen ihre Lebenserfahrung aus steuerbaren PC-Spielen beziehen? Meike